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Syrien: Versuchslabor für russische Waffen

PlayEin zerstörtes Gebäude
Syrien: Versuchslabor für russische Waffen | Bild: picture alliance / AA | Izzeddin Kasim

Einst war es sein Heimatdorf. Heute eine Trümmerlandschaft. Russische Kampfjets bombardierten Nerab vor zwei Jahren, erzählt uns Ali Abdel. Mehr als 100 Bomben seien auf sie niedergegangen. Viele Bewohner starben im Geröll, auch Alis Vater und zwei Brüder. Die meisten anderen flohen aus dem Dorf im Süden Idlibs. Die Provinz ist die letzte Hochburg der Aufständischen Syriens. Ali blieb mit seinen Kindern, wollte hier als Bauer arbeiten. Dann aber trat der 28-Jährige auf eine Mine, verlor sein Bein. Nun kann er die Familie kaum mehr durchbringen: "Russland nimmt im Krieg keine Rücksicht auf Babys, Kinder, auch nicht auf Frauen, ältere Menschen. Sie bombardieren Märkte mit vielen Menschen, Moscheen, Schulen, einfach alles."

Kriegswende aus der Luft

Aus der Luft erreicht Russland im Krieg um Syrien die Wende. Ab September 2015 greifen russische Kampfjets und Hubschrauber Städte und Dörfer unter Kontrolle der Aufständischen an. Offiziell sollen sie islamistische Terroristen bekämpfen. Tatsächlich treffen sie die Bevölkerung. Putin will so die Niederlage Assads abwenden, dem die Kontrolle über weite Teile seines Landes entglitten ist. Für Russland ist es die Chance, im Nahen Osten Fuß zu fassen, die Schlagkraft der Streitkräfte zu testen. 200 Waffensysteme lässt Putin testen: Präzisionsraketen, die von Schiffen abgefeuert werden, bunkerbrechende Waffen, Drohnen, Aufklärungstechnik. Mehr als 60 Prozent von Russlands Marinekorps, 90 Prozent der Luftwaffenpiloten sammeln bei dem Einsatz Erfahrung – ein Training mit verheerenden Folgen.

Zerstörung des Landes

Getroffen wird die Infrastruktur des Landes: Kraftwerke, Stromnetze, die Wasserversorgung. Städte wie Aleppo werden in Schutt und Asche gebombt, eingekesselt, ausgehungert. Auch die international geächtete Streumunition kommt zum Einsatz. 23.000 Zivilisten sterben Beobachtern zufolge durch russische Luftschläge.
Hunderte Kliniken wurden in Syrien über die Jahre bombardiert, oft mehrfach, so auch diese hier in Kansafra im Süden Idlibs. Fast 100 Patienten, auch Frauen und Kinder, waren hier Ende 2019 in Behandlung, als russische Kampfjets angriffen.

Auch Bäckereien werden getroffen. Brot wird Mangelware. Zudem geraten Märkte und Schulen immer wieder ins Zielfeuer russischer Jets. Eine infame wie erfolgreiche Kriegsstrategie.
Aus Putins Sicht war die Strategie in Syrien erfolgreich. An Russland kommt niemand mehr vorbei im Nahen Osten, nicht zuletzt auch wegen der Marinebasis in Tartus.
Assad sitzt wieder fest im Sattel, wenn auch von Russlands Gnaden. Syrien ist nun ein russisches Protektorat.

Autor: Daniel Hechler, ARD Kairo

Stand: 07.03.2022 09:46 Uhr

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