So., 25.05.25 | 21:45 Uhr
Das Erste
Müssen wir für unseren Wohlstand mehr arbeiten?
Deutschlands Wirtschaft kommt nicht in Schwung und bleibt als Standort weiterhin unattraktiv, weshalb die „Wirtschaftsweisen“ in dieser Woche erneut tiefgreifende Reformen angemahnt haben. Bundeskanzler Friedrich Merz und CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann fordern deshalb eine höhere Leistungsbereitschaft in der Gesellschaft. Sind die Deutschen zu bequem? Welche Rahmenbedingungen bietet der Staat seinen Bürgern für die geforderte Mehrarbeit? Welche neuen Anreize will die schwarz-rote Regierung setzen, um Arbeit wieder attraktiver und produktiver zu machen? Und wie lange werden wir mit Blick auf den demografischen Wandel in Zukunft arbeiten müssen?
Carsten Linnemann

Der CDU-Generalsekretär betont das Tempo, in dem die schwarz-rote Regierung erste Richtungsentscheidungen treffen muss: „Wenn wir jetzt nicht am Anfang liefern, werden die Leute uns nicht vertrauen.” Das gilt vor allem für die Wirtschaft. Beim Thema Arbeit setzt er auf Eigenverantwortung und Anreize. Er fordert einen Mentalitätswandel in Deutschland und kritisierte im Wahlkampf: „In Deutschland gibt es gar keine Leistungsbereitschaft mehr.“ Zu seinen zentralen Reformvorschlägen zählen die Abschaffung des Bürgergeldes, steuerfreie Überstunden, ein steuerfreier Hinzuverdienst für Rentner im Rahmen der “Aktivrente”, und eine neue Wochenarbeitszeitregelung.
Christiane Benner

Die Erste Vorsitzende der IG Metall, der mit mehr als zwei Millionen Mitgliedern größten Einzelgewerkschaft Deutschlands, ist mit ihrer Wahl 2023 die erste Frau in diesem Führungsamt. „Die Deutschen sind nicht zu faul“, entgegnet sie Forderungen, diese müssten mehr arbeiten. Vielmehr gebe es hinreichend Menschen, die mehr arbeiten möchten, aber nicht können. Etwa Frauen, die gerne ihren Teilzeitjob aufstocken würden, aber keine Kinderbetreuung finden. Vorschläge wie steuerfreie Überstundenzuschläge würden bei den wenigsten ankommen. Die Idee, Feiertage für mehr Wirtschaftswachstum abzuschaffen, hält sie für Ablenkung von den echten Problemen.
Moritz Schularick

Der Präsident des Kiel Institut für Weltwirtschaft sagt, es brauche in Deutschland mehr Arbeitsstunden, um den aktuellen Wohlstand zu erhalten. Gleichzeitig macht er die Rahmenbedingungen dafür verantwortlich, dass viele Menschen in Deutschland nur in Teilzeit arbeiten. Gerade bei der Kinderbetreuung, der Infrastruktur und den Lohnnebenkosten sei Deutschland nicht gut aufgestellt und hinke im internationalen Vergleich hinterher. Der Ökonom fordert mehr Mut von der Regierung, insbesondere beim Thema Rente, auch unpopuläre Maßnahmen zu ergreifen, um für mehr Wachstum zu sorgen.