Faktencheck zu "maischberger"

Sendung vom 24.01.2024

Faktencheck

Die Gäste (v.l.n.r.): Wolfram Weimer, Kevin Kühnert, Ulrike Herrmann, Cherno Jobatey, Wolfgang Ischinger, Thorsten Frei
Die Gäste (v.l.n.r.): Wolfram Weimer, Kevin Kühnert, Ulrike Herrmann, Cherno Jobatey, Wolfgang Ischinger, Thorsten Frei | Bild: WDR / Thomas Kierok

Bei Maischberger wird engagiert diskutiert, Argumente werden ausgetauscht, es wird auch schon mal emotional und manchmal bleibt am Ende keine Zeit, um alles zu klären. Wenn Fragen offen bleiben, Aussagen nicht eindeutig waren oder einfach weitere Informationen hilfreich sein könnten, schauen wir nach der Sendung noch einmal drauf – hier in unserem Faktencheck.

Änderung des Faktenchecks am 26.1.24/14.00 Uhr:

Die Redaktion hat den Faktencheck ergänzt. In der Sendung wurde ein Zitat fälschlicherweise dem GDL-Vorsitzenden Claus Weselsky zugeordnet.

In eigener Sache

In der Sendung – sowohl in der Moderation als auch in einer entsprechenden Grafikeinblendung – wurde folgendes Zitat zum Bahnstreik fälschlicherweise dem GDL-Chef Claus Weselsky zugeschrieben:

"Man muss das auch mal positiv sehen. Immerhin weiß man an den Streiktagen vorher, dass der Zug ausfällt und bemerkt es nicht erst am Bahnsteig, wie an den übrigen Tagen."

Dieses Zitat stammt nicht von Claus Weselsky, sondern von einem Nutzer eines Internetforums. Die Redaktion hatte die Äußerung dem "The Pioneer Briefing" vom 24.1.2024 entnommen. Im Fließtext des "The Pioneer Briefing" ist die Herkunft des Zitats kenntlich gemacht.

Die entsprechende Passage wurde in der Mediathek und auf X gelöscht.

Wir bitten, diesen Fehler zu entschuldigen.

Wie groß sind Nikki Haleys Chancen auf die US-Präsidentschaftskandidatur?

Unsere Kommentatoren diskutierten in der Sendung u.a. über die Vorwahlen der Republikanischen Partei in den USA. Cherno Jobatey schätzte Nikki Haleys Chancen, sich trotz verlorener Vorwahl in New Hampshire doch noch gegen Donald Trump durchzusetzen, als eher gering ein. Wolfram Weimer hingegen sagte, man dürfe Haley noch nicht abschreiben. Wie der aktuelle Stand bei den Vorwahlen aussieht und welche Erfolgschancen Nikki Haley zugerechnet werden, schauen wir uns hier noch einmal genauer an. 

Vorwahlen der Republikaner: Welche Chancen hat Trump-Konkurrentin Nikki Haley?

Maischberger: "Nikki Haley will weitermachen. Sehen Sie, dass sie Chancen hat noch, nach New Hampshire?"

Jobatey: "Also, ich glaube, in den Wahlen nicht. Wenn sie da nicht gewonnen hat, wo dann? Also, da gibt es noch so viele Moderate, so viele Leute mit Collegeabschluss, da hat sie nur knappe Mehrheiten gewonnen. Und wenn es dann in konservativere Regionen geht, dann kriegt sie noch weniger Stimmen. Also, das glaube ich nicht. Ich glaube, was ihr helfen kann, sind diese vielen Gerichtsverfahren, dass da vielleicht was passiert, dass Trump nicht mehr antreten kann. Ich glaube, darauf spekuliert sie. Aber in den Wahlen, also, da braucht sie mehr Glück als Verstand."

Maischberger: "Wie sehen Sie das?"

Weimer: "Also, ich bin da optimistischer. Ich muss sagen, mich fasziniert die Frau Haley. Ich beobachte die jetzt seit einem halben Jahr, habe mir alle großen Debatten angeguckt, und heute Nacht auch bin ich komplett aufgeblieben, um ihren Auftritt zu sehen, wie sie das macht. Ich würde sie noch nicht abschreiben. Sie hat eine Chance, sie hat ein gewisses Momentum. Und sie hat vor allem die Chance, dass Donald Trump stolpert über seine eigenen Probleme. Der hat haufenweise Gerichtsverfahren am Hals, der kann im Gefängnis landen, das Oberste Gericht kann seine Kandidatur ganz untersagen. Und dann ist sie (gemeint ist Nikki Haley, Anm. d. Red.) da."

Maischberger: "Und deshalb macht sie weiter, glauben Sie?"

Weimer: "Und deswegen macht sie auch weiter."

Hintergrund: Wie groß sind Nikki Haleys Chancen auf die US-Präsidentschaftskandidatur?

Um diese Frage zu beantworten, ist es hilfreich, sich zunächst zu vergegenwärtigen, wie die Vorwahlen in den USA überhaupt funktionieren. 

Die USA verfügen über ein Zwei-Parteien-System, in dem nur die Demokratische und die Republikanische Partei praktische Bedeutung haben. Wer für die jeweilige Partei als Präsidentschaftskandidat ins Rennen geht, darüber wird in den parteiinternen Vorwahlen, den sogenannten Primaries, entschieden. Wer bei einer Primary abstimmen darf, unterscheidet sich von Bundesstaat zu Bundesstaat. Während bei einer Closed Primary nur Wähler zugelassen sind, die bei der jeweiligen Partei offiziell registriert sind, kann bei einer Open Primary grundsätzlich jeder wahlberechtigte Bürger abstimmen. Es darf allerdings immer nur an einer einzigen Primary teilgenommen werden, was konkret bedeutet: wer für einen republikanischen Kandidaten abgestimmt hat, darf nicht mehr für einen demokratischen Kandidaten abstimmen, und umgekehrt. In manchen Bundesstaaten wird über die Kandidatur nicht durch den Urnengang entschieden, sondern auf parteiinternen Versammlungen, den sogenannten Caucuses

Der Vorwahlprozess erstreckt sich in der Regel von Januar bis Juni des jeweiligen Wahljahres. Die Präsidentschaftskandidaten werden anschließend auf den Nominierungsparteitagen (National Conventions) offiziell gekürt. Der Parteitag der Republikaner findet vom 15. bis 18.7.2024 statt, die Demokraten kommen einen Monat später zusammen (19. bis 22.8.2024). Die Präsidentschaftswahl wird dann am 5.11.2024 abgehalten. 

Wie viele Stimmen muss ein Bewerber bei den Vorwahlen erreichen, um Präsidentschaftskandidat zu werden?

Wer als Präsidentschaftskandidat nominiert werden will, benötigt die Mehrheit der Delegiertenstimmen auf dem Nominierungsparteitag. Jeder Bundesstaat stellt eine bestimmte Zahl von Delegierten. Diese werden auf Basis der Stimmanteile bei den Vorwahlen auf die Bewerber verpflichtet. Auf dem Nominierungsparteitag der Republikaner werden insgesamt 2.429 Delegierte ihre Stimme abgeben. Um nominiert zu werden, benötigen die Bewerber also mindestens 1.215 Delegiertenstimmen. Bei den Demokraten werden schätzungsweise insgesamt 3.900 Delegierte abstimmen. Für eine Kandidatur werden hier also ca. 1.951 Delegiertenstimmen benötigt. 

Wie ist der aktuelle Stand bei den Republikanern?

Über die republikanische Präsidentschaftskandidatur wurde bislang in zwei Bundesstaaten abgestimmt: Iowa und New Hampshire. Insgesamt wurden hier 62 Delegiertenstimmen vergeben. Nach den beiden Wahlen liegt Donald Trump mit 32 Stimmen vor Nikki Haley (17 Stimmen). Die beiden Mitbewerber Ron DeSantis und Vivek Ramaswamy sind bereits freiwillig aus dem Rennen ausgestiegen. 

Wie groß sind Nikki Haleys Chancen?

Wie die oben genannten Zahlen zeigen, ist der größte Teil der Delegiertenstimmen noch nicht vergeben. Sowohl Trump als auch Haley fehlen noch mehr als 1.000 Stimmen, um die Kandidatur zu erreichen. Beobachter jedoch sehen den Ex-Präsidenten Trump deutlich im Vorteil gegenüber der ehemaligen UN-Botschafterin und Gouverneurin Haley, die sich im Wahlkampf als moderate Alternative zu Trump präsentiert. In Umfragen liegt sie weiter deutlich hinter Trump. 

Bei den nächsten Vorwahlen in Nevada Anfang Februar wird Haley keine der 26 Delegiertenstimmen erhalten, das gilt schon jetzt als sicher. Grund ist ein Streit zwischen dem Bundesstaat und der Republikanischen Partei, die die bundesstaatlich organisierte Vorwahl boykottiert und stattdessen in einer geschlossenen Versammlung über die Präsidentschaftskandidatur votieren wird. In dieser Versammlung steht Haley allerdings überhaupt nicht zur Wahl – im Gegensatz zu Donald Trump. 

Große Bedeutung kommt deshalb der Vorwahl am 24. Februar in South Carolina zu. Haley kommt selbst aus South Carolina und amtierte hier zwischen 2011 und 2017 als Gouverneurin. Die aktuellen Umfragen sehen sie aber auch dort hinter Trump. Insgesamt 50 Delegiertenstimmen werden in South Carolina vergeben.

Könnten Gerichte Donald Trumps Kandidatur verhindern?

Darüber wird in den USA derzeit kontrovers diskutiert. Im Bundesstaat Colorado entschied das Oberste Gericht bereits im Dezember, Trump wegen seiner Handlungen im Zusammenhang mit dem Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021 von den Vorwahlen auszuschließen. Grundlage für das Urteil ist Abschnitt 3 des 14. Verfassungszusatzes, der es jedem "Beamten in den Vereinigten Staaten", der einen Eid geschworen hat, verbietet, ein Amt zu bekleiden, nachdem dieser "an einem Aufstand oder einer Rebellion gegen die Regierung beteiligt war oder den Feinden derselben Hilfe oder Beistand geleistet hat". 

Auf dieser Grundlage entschied auch die zuständige Wahlleiterin im Bundesstaat Maine, den ehemaligen Präsidenten vom Wahlzettel zu streichen. Trump habe "über mehrere Monate hinweg" das "falsche Narrativ von Wahlbetrug" befeuert, um seine Unterstützer vor dem 6. Januar 2021 anzustacheln, hieß es in der Begründung. Trumps Anwälte legten sowohl in Colorado als auch in Maine Berufung ein. Die Richter in Colorado haben den Fall inzwischen an den Supreme Court, das höchste Gericht in den USA, weitergegeben. Dieser hat für den 8. Februar eine mündliche Anhörung angesetzt. 

Wie der Supreme Court entscheiden wird, gilt als unklar. Das Urteil könnte aber eine große Signalwirkung für das gesamte Land haben. Denn auch in weiteren Bundesstaaten gibt es Bestrebungen, Donald Trump auf Grundlage des 14. Verfassungszusatzes von der Wahl auszuschließen. Ob eine Entscheidung noch rechtzeitig vor dem 5. März, dem sogenannten Super Tuesday, kommen wird, ist allerdings fraglich. Am Super Tuesday finden zahlreiche Vorwahlen zeitgleich statt – u.a. auch in Colorado und Maine. Insgesamt 874 Delegiertenstimmen werden an diesem Tag vergeben.

Wenn der Supreme Court bis dahin kein gegenteiliges Urteil gefällt hat, muss Donald Trump in den betreffenden Staaten zur Vorwahl zugelassen werden.

Wie laufen die Vorwahlen bei den Demokraten?

Bei den Demokraten wurde bislang ebenfalls in Iowa und New Hampshire über die Kandidatur abgestimmt. In Iowa erfolgte das Votum ausschließlich per Briefwahl, das Ergebnis ist jedoch noch unbekannt, da die Stimmen erst am Super Tuesday ausgezählt werden. Die demokratischen Delegiertenstimmen aus New Hampshire werden auf dem Nominierungsparteitag nicht berücksichtigt. Hier war es im Vorfeld zu einem Streit innerhalb der Partei gekommen. Die Parteiführung wollte den Auftakt der Vorwahlserie eigentlich nach South Carolina verlegen – in einen Bundesstaat mit einer vielfältigeren Wählerschaft. Die Abstimmung dort steht aber erst am 3. Februar an. New Hampshire hingegen beharrte auf seinem früheren Abstimmungstermin. Als Reaktion ließ sich der amtierende Präsident Joe Biden in New Hampshire vom Wahlzettel nehmen. So standen dort nur die eher unbekannten Mitbewerber Dean Phillips und Marianne Williamson zur Wahl. Dass Joe Biden erneut als Präsidentschaftskandidat der Demokraten ins Rennen gehen wird, gilt allgemein als sicher. 

Fazit: Die Vorwahlen der Republikaner haben gerade erst begonnen, erst in zwei Staaten wurde bislang abgestimmt. Sowohl Donald Trump als auch Nikki Haley fehlen noch mehr als 1.000 Delegiertenstimmen, um die Präsidentschaftskandidatur zu erreichen. Trumps derzeitiger Vorsprung von 15 Stimmen ist also nur begrenzt aussagekräftig. In Umfragen liegt Haley allerdings deutlich hinter Trump. Die Situation könnte sich noch einmal grundlegend ändern, wenn der Supreme Court über die Frage entscheidet, ob Donald Trump wegen seiner Rolle im Zusammenhang mit dem Sturm auf das Kapitol von der Wahl ausgeschlossen werden kann. Wie diese Entscheidung aussehen wird, ist allerdings noch unklar. Dass als demokratischer Kandidat erneut der amtierende US-Präsident Joe Biden antreten wird, gilt als sicher. 

Stand: 26.01.2024

Autor: Tim Berressem