Faktencheck zu "maischberger"

Sendung vom 28.02.2024

Faktencheck

Die Gäste (v.l.n.r.): Markus Preiß, Alev Doğan, Hubertus Meyer-Burckhardt, Cathryn Clüver Ashbrook, Markus Blume
Die Gäste (v.l.n.r.): Markus Preiß, Alev Doğan, Hubertus Meyer-Burckhardt, Cathryn Clüver Ashbrook, Markus Blume | Bild: WDR / André Kowalski

Bei Maischberger wird engagiert diskutiert, Argumente werden ausgetauscht, es wird auch schon mal emotional und manchmal bleibt am Ende keine Zeit, um alles zu klären. Wenn Fragen offen bleiben, Aussagen nicht eindeutig waren oder einfach weitere Informationen hilfreich sein könnten, schauen wir nach der Sendung noch einmal drauf – hier in unserem Faktencheck.

Und das schauen wir uns an:

  • Welche Pläne gibt es für eine zweite Amtszeit Donald Trumps?

Welche Pläne gibt es für eine zweite Amtszeit Donald Trumps?

Die deutsch-amerikanische Expertin für transatlantische Beziehungen Cathryn Clüver Ashbrook äußerte sich in der Sendung zu einer möglichen zweiten Amtszeit Donald Trumps und den innenpolitischen Konsequenzen, die ein erneuter Sieg für den Ex-Präsidenten nach sich ziehen würde. In diesem Zusammenhang erwähnte Clüver Ashbrook einen Plan, den eine konservative US-Denkfabrik bereits für den Fall einer zweiten Amtszeit erstellt habe. Dieser sehe tiefgreifende Veränderungen in den Regierungsbehörden zugunsten Trumps vor. Was dieser Plan konkret beinhaltet, schauen wir uns hier genauer an.

"Project 2025": Welche Pläne gibt es für eine zweite Amtszeit Donald Trumps? | Video verfügbar bis 28.02.2025

Maischberger: "Was glauben Sie, was passieren wird innenpolitisch? Hat dieser Mensch (gemeint ist Donald Trump, Anm. d. Red.) das Zeug, einen diktatorischen Weg zu gehen?"

Clüver Ashbrook: "Naja, er hat zumindest schon mal einen Plan dafür. Und wenn wir jetzt darüber reden, dass wir in Europa nicht gut vorbereitet sind, dann denken wir daran, dass in der ersten Amtszeit Leute um den Präsidenten herum sagten, man solle ihn wörtlich, aber nicht ernst nehmen. Jetzt muss man ihn wörtlich und ernst nehmen. Denn wörtlich heißt, dass ihm die Heritage Foundation, ein traditionell konservativer Thinktank in den USA, mit vielen anderen konservativen Thinktanks einen Plan zusammengebaut hat, ähnlich wie sie es damals für Ronald Reagan getan haben, um quasi damals einen Hollywoodstar, jetzt im Grunde genommen eine Entertainmentgröße mit schwieriger politischer und überhaupt moralischer Vergangenheit wieder ins Weiße Haus zu hieven. Sie haben ihm einen Plan geschrieben. Und ganz am Anfang dieses Planes, dieses 'Manifest for Leadership', steht im ersten Moment drin, dass der komplette bürokratische Apparat, alle Kontrollmechanismen der USA entkernt werden müssen."

Maischberger: "Entkernt."

Clüver Ashbrook: "Und zwar jede einzelne Regierungsbehörde wird nivelliert, wird auf den Kopf gedreht und wird im Sinne seiner Rachedynamik quasi auf Parteilinie gebracht."

Maischberger: "Ich habe gelesen, es sollen 50.000 Beamte sein…"

Clüver Ashbrook: "54.000."

Maischberger: "…die ausgewechselt werden sollen."

Clüver Ashbrook: "Ja. Und zwar am ersten Tag."

Maischberger: "Das halten Sie für realistisch?"

Clüver Ashbrook: "Es ist nicht realistisch, also, was wir jetzt aus Washington hören oder was ich von Kollegen aus Washington höre. Sie werben sehr stark an, sie werben sehr stark im ganzen Land an, aber das sind Zahlen, die vermutlich sich nicht realisieren lassen, die es auch noch nicht gibt, aber es sind sehr große Bemühungen dafür da."

Hintergrund: Welche Pläne gibt es für eine zweite Amtszeit Donald Trumps?

Unter dem Titel "Project 2025" bereiten zahlreiche konservative Organisationen die mögliche zweite Amtszeit des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump vor. "Es reicht nicht aus, dass Konservative Wahlen gewinnen", heißt es auf der Website des Project 2025. "Wenn wir das Land aus dem Griff der radikalen Linken retten wollen, brauchen wir sowohl eine Regierungsagenda als auch die richtigen Leute, die bereit sind, diese Agenda am ersten Tag der nächsten konservativen Regierung umzusetzen." Das sei nach eigenen Angaben das zentrale Ziel der Initiative.

Herzstück des Project 2025 ist ein 920 Seiten starkes Buch mit dem Titel "Mandate for Leadership 2025: The Conservative Promise", das im April 2023 unter Federführung der konservativen Denkfabrik The Heritage Foundation erschienen ist. Wie sich das politische System der USA in den ersten Tagen und Wochen einer erneuten Präsidentschaft Donald Trumps verändern soll, ist darin ausführlich beschrieben.

Wie Cathryn Clüver Ashbrook bereits in der Sendung skizzierte, sieht der Plan unter anderem einen tiefgreifenden Umbau des Regierungsapparats vor. Nach einem Wahlsieg sollen Bundesbeamte in sämtlichen Regierungsbehörden durch bekennende Trump-Unterstützer ausgetauscht werden. Insgesamt ist die Rede von etwa 54.000 Beamten, die ersetzt werden sollen. "Wir werden eine ganze Armee loyaler, gut vorbereiteter und politisch gut bewaffneter Konservativer zum Einsatz bringen für die Schlacht gegen den 'tiefen Staat'", kommentierte Projektleiter Paul Dans das Vorhaben auf einer Podiumsdiskussion der Heritage Foundation. Als "tiefen Staat" ("deep state") bezeichnen Trump und seine Anhänger die etablierte Regierungsbürokratie, die es in ihren Augen zu beseitigen gilt. "Unser Ziel ist es, eine Armee von geprüften, trainierten und vorbereiteten Konservativen zu erschaffen, die sich von Tag eins an daranmacht, den administrativen Staat zu zerlegen", schreibt Dans in seiner Einleitung zum "Mandate for Leadership".

Diese strukturellen Veränderungen sollen als Fundament dienen für einen radikalen inhaltlichen Politikwechsel. So fordern die Autoren, dass sich die Vereinigten Staaten aus großen internationalen Institutionen, wie z.B. der Weltgesundheitsorganisation, der Weltbank und dem Internationalen Währungsfonds, zurückziehen. Auch sollen Klimaschutzmaßnahmen, die von der Biden-Regierung eingeleitet wurden, wieder rückgängig gemacht werden. Grundsätzlich wird die Abkehr von fossilen Brennstoffen als Irrweg beschrieben. Wörtlich heißt es: "Amerikas große Vorräte an Öl und Erdgas sind kein Umweltproblem, sondern das Blut in unserem ökonomischen Kreislauf. Amerikanische Dominanz auf den globalen Energiemärkten wäre eine gute Sache – für die Welt, aber noch wichtiger, für uns, das amerikanische Volk."

Dass eine republikanische Präsidentschaft in Form eines solchen Buches vorbereitet wird, ist grundsätzlich nichts Neues. Bereits mehrfach begleitete die Heritage Foundation die Kampagnen republikanischer Präsidentschaftskandidaten mit entsprechenden Plänen und Konzepten, stets unter dem Titel "Mandate for Leadership". Das aktuelle "Mandate for Leadership 2025" ist die insgesamt neunte Ausgabe dieser Serie. Die erste Ausgabe erschien im Januar 1981, kurz vor Ronald Reagans Amtseinführung. Einen großen Teil der darin enthaltenen Empfehlungen setzte Reagan im Laufe seiner Amtszeit um.

Mit der aktuellen Ausgabe hat das "Mandate for Leadership" jedoch eine neue Qualität angenommen im Vergleich etwa zu Reagans Zeiten. Zum ersten Mal ist es mit dem Project 2025 in eine größere Initiative eingebettet, die konkret an der Umsetzung der formulierten Pläne arbeitet, indem sie aktiv die Rekrutierung von möglichem Personal zur geplanten Neubesetzung der Regierungsbehörden vorantreibt. Beobachter der US-amerikanischen Innenpolitik betonen außerdem, dass keine der vorangegangenen "Mandate"-Ausgaben vergleichbare Pläne zum Umbau des Regierungsapparats enthielt. "Es ist eine ziemlich aggressive Strategie. Die Aggressivität besteht darin, dem Präsidenten mehr Macht, mehr Durchgriffsmöglichkeiten zu geben", sagte Hans Noel, Politikwissenschaftler an der Georgetown University, gegenüber der Tagesschau. Gleichzeitig äußerte er aber auch Zweifel an den Erfolgsaussichten des Projekts: "Es gibt andere Akteure in den Vereinigten Staaten, die gewillt und in der Lage sein werden, jeden Präsidenten in Schranken zu weisen, allen voran den Kongress."

Das Wahlkampfteam um Donald Trump betont unterdessen, dass das Project 2025 nicht in dessen Auftrag arbeite. Auch Vertreter der Heritage Foundation versicherten bereits, ihr Konzept könnte auch die Basis für die Arbeit anderer konservativer Politiker bilden. Beobachter sehen jedoch enge Verbindungen zwischen dem Trump-Lager und der Initiative. Ein Hinweis: Mit Mark Meadows, Johnny McEntee und Stephen Miller fungieren enge Vertraute Donald Trumps als führende Köpfe des Projekts.

Bei den Vorwahlen der Republikaner liegt Donald Trump inzwischen klar vor seiner Mitbewerberin Nikki Haley. Dass es bei den Präsidentschaftswahlen im November zu einer Neuauflage des Duells Biden gegen Trump kommen wird, gilt als sehr wahrscheinlich.

Fazit: Unter dem Titel "Project 2025" bereiten zahlreiche konservative Organisationen um die Denkfabrik The Heritage Foundation die mögliche zweite Amtszeit des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump vor. Inhaltliches Herzstück ist das sogenannte "Mandate for Leadership 2025". Der darin formulierte Plan sieht vor allem einen tiefgreifenden Umbau des Regierungsapparats vor, wobei über 50.000 Beamte durch bekennende Trump-Unterstützer ersetzt werden sollen. Dass eine republikanische Präsidentschaft durch ein solches "Mandate for Leadership" vorbereitet wird, ist grundsätzlich nichts Neues. Experten weisen jedoch darauf hin, dass nie zuvor vergleichbare Pläne zum Umbau des Regierungsapparats darin formuliert wurden. Gleichzeitig gilt es als unwahrscheinlich, dass diese Pläne ohne weiteres umzusetzen wären.

Stand: 29.02.2024

Autor: Tim Berressem