Faktencheck zu "maischberger"
Sendung vom 19.05.2025
Faktencheck

Bei Maischberger wird engagiert diskutiert, Argumente werden ausgetauscht, es wird auch schon mal emotional und manchmal bleibt am Ende keine Zeit, um alles zu klären. Wenn Fragen offen bleiben, Aussagen nicht eindeutig waren oder einfach weitere Informationen hilfreich sein könnten, schauen wir nach der Sendung noch einmal drauf – hier in unserem Faktencheck.
Und das schauen wir uns an:
- Was sagte die Rentenkommission über die Einbeziehung von Beamten in die gesetzliche Rente?
Was sagte die Rentenkommission über die Einbeziehung von Beamten in die gesetzliche Rente?
Der frühere Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) äußerte sich in der Sendung zur Forderung seiner Nachfolgerin Bärbel Bas (SPD), künftig auch Beamte in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen zu lassen. Sandra Maischberger sprach Heil dabei auf den Bericht einer Expertenkommission an, wonach es wenig effektiv wäre, das Rentensystem entsprechend umzubauen. Was genau in dem Bericht steht, schauen wir uns hier noch einmal näher an.
Maischberger: "Bärbel Bas will jetzt – weil es klar ist, dass weniger einzahlen, die Basis schmilzt, die Menschen werden älter, es wird also mehr ausgezahlt, das kann nicht auf Dauer gutgehen – jetzt sagt sie, wir müssen die Basis verbreitern mit eben auch Beamten, die einzahlen. Das hatten Sie auch mal als Idee. Als Arbeits- und Sozialminister haben Sie vor fünf Jahren eine Kommission eingesetzt, die genau das geprüft hat. Und wenn ich es richtig erinnere, war das Ergebnis, die Beitragskasse lässt sich dadurch kaum entlasten, aber dafür sind die politisch-technischen und verfassungsrechtlichen Hürden recht hoch. Haben Sie das Frau Bas bei der Übergabe des Ministeriums nicht gesagt?"
Heil: "Also alles, was ich Bärbel Bas gesagt habe, das ist vertraulich."
(…)
Maischberger: "Aber über Ihre Kommission und deren Ergebnis kann man schon reden. Das war ja Ihre Arbeit."
Heil: "Ja, die lässt sich umfassend lesen. Ganz grundsätzlich bleibe ich dabei, die gesetzliche Rente muss die tragende Säule der Alterssicherung bleiben, ergänzt um betriebliche und private Altersvorsorge. Und wenn es darum geht, mehr Leute reinzuholen als Beitragszahler, dann hat Anja Kohl den entscheidenden Punkt genannt, nämlich wie es mit der Erwerbsbeteiligung von Männern und Frauen in Deutschland ist. Das ist ganz, ganz wichtig. Je mehr Menschen –"
Maischberger: "Sie weichen aus. Ich möchte gerne über Ihre Kommission und das Ergebnis reden."
Heil: "Ich weiche gar nicht aus."
Maischberger: "Sie haben ein großes Ministerium, da sitzen Fachleute drin, die machen eine Kommission vor fünf Jahren über genau diese Frage. Und sie kommen zu dem Ergebnis, das wird es nicht bringen."
Heil: "Also, da würde ich – das ist ja nachlesbar – allen raten, diesen Bericht noch mal zu lesen. Da steht eine ganze Menge drin."
Maischberger: "Wir haben’s getan."
Heil: "Aber jetzt gibt es welche, die in der politischen Verantwortung für das Thema sind, denen werde ich nicht durch öffentliche Ratschläge das Handwerk schwieriger machen."
Maischberger: "Okay, aber das, was damals gegolten hatte, stimmt ja immer noch, oder?"
Heil: "Da steht eine ganze Menge drin. Vor allen Dingen steht da drin, was hier nicht Mainstream ist, das weiß ich, jedenfalls in Kreisen von Berliner Journalisten, im Volk ist das ganz anders – die Leute wollen sich in allen Generationen auf die gesetzliche Rente verlassen können."
Maischberger: "Das ist unbestritten."
Heil: "Nein, das ist nicht unbestritten."
Maischberger: "Sie weichen aus."
Heil: "Ich weiche überhaupt nicht aus. Ich sage das, was ich sagen will."
Maischberger: "Entschuldigung, die Beamten, da bleibt der Befund der, den Sie vor fünf Jahren hatten: Das bringt nichts."
Heil: "Andere Länder haben sich auf den Weg gemacht, Österreich beispielsweise. Das ist ein längerer Übergangsprozess, wenn man sich dafür entscheidet. Aber es ist nicht der eine Knopf."
Hintergrund: Was sagte die Rentenkommission über die Einbeziehung von Beamten in die gesetzliche Rente?
Der in der Sendung angesprochene Bericht wurde im März 2020 von der "Kommission Verlässlicher Generationenvertrag" vorgelegt. Das Expertengremium, bestehend aus Politikern, Sozialpartnern und Wissenschaftlern, war 2018 vom damaligen Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) eingesetzt worden. Ziel dieser sogenannten Rentenkommission war es, Wege zu einer nachhaltigen Sicherung und Fortentwicklung der Alterssicherungssysteme ab dem Jahr 2025 zu finden.
Als zentrales Problem stellten die Autoren die zunehmende Alterung der Gesellschaft heraus. "Die demografische Entwicklung wird zu einer erheblichen finanziellen Mehrbelastung in der gesetzlichen Rentenversicherung führen", heißt es in dem Bericht. Vor diesem Hintergrund müsse das seit Jahrzehnten bewährte System angepasst und verändert werden, ohne es dabei "vom Kopf auf die Füße" zu stellen.
Die Kommission diskutierte verschiedene Maßnahmen. Konkret sprach man sich für eine langfristige Sicherung des Rentenniveaus und der Beitragssätze aus. Auf diese Weise sollte nicht nur den Rentnern die Teilhabe an der Wohlstandsentwicklung garantiert, sondern auch die Belastung für die Beitragszahler begrenzt werden. Für die Zeit bis einschließlich 2025 hatte der Bundestag solche sogenannten Haltelinien bereits verbindlich in einem Rentenpaket festgeschrieben. Für die Zeit danach empfahl die Kommission eine regelmäßige Anpassung im Abstand von sechs Jahren.
Zu einer möglichen Erhöhung des Renteneintrittsalters über 67 Jahre hinaus wollte das Gremium vorerst keine Einschätzung abgeben. Vielmehr solle 2026 ein neuer "Alterssicherungsbeirat" eine Einschätzung abgeben. Grundsätzlich empfahl die Kommission aber, die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen, damit Beschäftigte ggf. auch länger in Arbeit bleiben können.
Kommission: Einbeziehung von Beamten "eher nicht" hilfreich
Von der Idee, zur Entlastung des Systems auch Beamte in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen zu lassen, zeigte sich das Gremium nicht überzeugt. Wörtlich heißt es dazu in dem Bericht:
Unterm Strich, so die Einschätzung, würde durch die Beamten zunächst mehr Geld in die Rentenkasse fließen, auf lange Sicht würden aber auch deutlich mehr Menschen Renten aus diesem Topf beziehen. Darüber hinaus sei die Einbeziehung von Beamten in das System "technisch und rechtlich keineswegs trivial", heißt es weiter. Nicht nur verfassungsrechtliche Fragen wären zu klären, auch müssten Bund und Länder eine entsprechende Reform im Detail miteinander abstimmen. Denn 2006 wurde die Zuständigkeit für die Beamten zwischen Bund und Ländern aufgeteilt. Derzeit unterstehen dem Bund nur etwa 370.000 der gut 1,9 Millionen Beamten und Soldaten. Auch deshalb befürchten Kritiker, dass eine komplette Umstellung des Renten- und Pensionssystems mit erheblichem bürokratischen Aufwand und hohen Kosten verbunden wäre.
Koalition uneinig über Rentenvorstoß
Die neue Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) möchte die Idee nun trotzdem erneut prüfen lassen. Ein konkreter Plan liegt aber noch nicht vor. Die Koalitionspartner von der Union äußerten bereits Kritik an dem Vorstoß. Kanzleramtschef Thorsten Frei betonte, der Vorschlag sei nicht mit der Union abgestimmt. Zudem sei das vorgeschlagene Modell ungeeignet. "Man kann über alles reden, aber es ist kein tragbares Finanzierungsmodell", so Frei am 11.5.2025 in der ARD-Sendung "Caren Miosga". Auch CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann äußerte sich zurückhaltend zu Bas' Vorschlag. In einem Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 11.5.2025 mahnte er die SPD-Politikerin, sich auf die im Koalitionsvertrag vereinbarten Punkte zu konzentrieren: "Es ist wichtig, dass wir jetzt rasch die Dinge umsetzen, die wir erst vor wenigen Tagen den Menschen zugesagt haben – die Umsetzung der Aktivrente etwa, sodass Rentner 2.000 Euro steuerfrei monatlich verdienen dürfen", so Linnemann. Tatsächlich wird im Koalitionsvertrag nicht konkret ausgeführt, wie man das Rentensystem für die Zukunft absichern möchte. Union und SPD haben lediglich vereinbart, das aktuelle Rentenniveau von 48 Prozent bis zum Jahr 2031 zu halten und die anfallenden Mehrkosten aus Steuermitteln zu finanzieren. Bis zur Mitte der Legislaturperiode soll eine Kommission Vorschläge erarbeiten, wie die gesetzliche Rentenversicherung langfristig finanziert werden kann.
Der Deutsche Beamtenbund erteilt Bas' Idee ebenfalls eine Absage. Er warnt vor einer "Zwangs-Einheitsversicherung" und hohen Kosten, wenn das gesamte System umgestellt würde.
Zustimmung bekommt die Arbeitsministerin dagegen vom Sozialverband VdK. Dessen Präsidentin Verena Bentele hält es für "völlig aus der Zeit gefallen", dass sich Beamtinnen und Beamte "der solidarischen Rentenversicherung entziehen".
Beamte haben gesetzlichen Sonderstatus
Aktuell zahlen Beamte nicht in die gesetzliche Rentenversicherung ein, denn sie haben per Gesetz einen Sonderstatus: Wer verbeamtet wird, verpflichtet sich dem Staat ein Leben lang und wird im Gegenzug von ihm versorgt – im Alter mit einer Pension, die aus Steuergeldern finanziert wird. Sie fällt in der Regel deutlich höher aus als eine gesetzliche Rente, denn eine Pension richtet sich im Wesentlichen nach dem Gehalt in den letzten Dienstjahren. Bei der gesetzlichen Rente wird hingegen das gesamte Erwerbsleben betrachtet. Je mehr Beiträge man im Laufe des Lebens entrichtet hat, desto höher fällt am Ende die Rente aus. Anders als gesetzlich Rentenversicherte müssen Beamte von ihren Pensionen jedoch eine private Kranken- und Pflegeversicherung abschließen, weil Krankheits- und Pflegekosten nur zu einem Teil vom Staat übernommen werden.
Fazit: Die sogenannte "Kommission Verlässlicher Generationenvertrag" sprach sich im Jahr 2020 dagegen aus, auch Beamte in die gesetzliche Rentenversicherung einzubeziehen. Unter finanziellen Gesichtspunkten wäre eine entsprechende Reform nur wenig effektiv, so das Expertengremium damals. Außerdem würde die Umstellung einen hohen verwaltungstechnischen Aufwand mit sich bringen. Trotzdem möchte die neue Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) den Vorschlag nun erneut prüfen lassen. Kritik bekommt Bas aus der eigenen Koalition. Unter Verbänden ist der Vorstoß umstritten.
Stand: 20.05.2025
Autor: Tim Berressem