SENDETERMIN So., 02.06.19 | 23:50 Uhr | Das Erste

Denis Scheck empfiehlt "Max, Mischa & die Tet-Offensive"

PlayDer norwegische Autor Johan Harstad
Denis Scheck empfiehlt "Max, Mischa & die Tet-Offensive" | Video verfügbar bis 02.06.2024 | Bild: Dennis Dirksen

Darf’s ein bißchen mehr sein? Dann ist "Max, Mischa und die Tet-Offensive" von Johan Harstad genau das Richtige für Sie! Ein Schmöker, aber ein Schmöker mit Niveau. Was für eine Wohltat: endlich mal ein wirklich zeitgenössischer Roman mit spannendem Personal, jeder Menge guter Ideen – manche davon sogar neu – und einer überaus vielschichtigen Handlung, die der 1979 geborene Johan Harstad zwischen Norwegen und Vietnam, hauptsächlich aber in den USA ansiedelt.

Als kleiner Junge sieht Max in Norwegen heimlich mit dem Videorecorder der Eltern den Vietnam-Film "Apocalypse Now". Beim Nachspielen mit seinen Freunden bricht er sich das Schlüsselbein – was zu einer lebenslangen Obsession mit dem Vietnamkrieg führt.

Max' Eltern sind als gläubige Kommunisten nicht gerade prädestiniert, in die USA auszuwandern. Aber irgendwann erhält Max Vater, ein Pilot, das Angebot, statt der immergleichen langweiligen Transportflüge zu den Ölplattformen für eine amerikanische Airline zu arbeiten, und zwar weltweit. Also zieht die Familie um, und so begleiten wir Max nach New York, wo er später mit einem Onkel namens Owen, der tatsächlich ein Vietnamveteran ist, und der einige Jahre älteren Malerin Mischa eine WG bildet.

Der klügste Theaterroman seit "Wilhelm Meister"

"Max, Mischa & die Tet-Offensive" von Johan Harstad
"Max, Mischa & die Tet-Offensive" von Johan Harstad | Bild: Rowohlt

Aus Max wird ein Theaterregisseur und aus Mischa und Max ein Paar. Überhaupt lernen wir in "Max, Mischa und die Tet-Offensive" jede Menge Künstler kennen, und sie alle sind besessen auf der Suche nach der einen Erfahrung, die ihr Wesen zum Vorschein bringt, ihre Identität definiert. Und genau das ist Max' Problem: er kreist um eine leere Mitte. Sein Trauma hat jedoch anders als er glaubt nichts mit Vietnam zu tun oder der Erfahrung der Entwurzelung, als er aus seiner norwegischen Heimat nach New York kam, vielmehr verharrt er in einer ewigen Pubertät und scheut sich vor Bindung und Verantwortung.

Dies alles erzählt Johan Harstad so ungemein gegenwartsnah, daß „Max, Mischa und die Tet-Offensive“ wirklich auf keiner seiner über 1200 Seiten langweilt. Seit Goethes "Wilhelm Meister" gab es keinen so klugen Theaterroman. Also vertrauen Sie mir, ich weiß, was ich tue, und lesen Sie "Max, Mischa und die Tet-Offensive" von Johan Harstad, erschienen in der deutschen Übersetzung von Ursel Allenstein im Rowohlt Verlag.

Stand: 17.06.2019 13:20 Uhr

4 Bewertungen
Kommentare
Bewerten

Kommentare

Kommentar hinzufügen

Bitte beachten: Kommentare erscheinen nicht sofort, sondern werden innerhalb von 24 Stunden durch die Redaktion freigeschaltet. Es dürfen keine externen Links, Adressen oder Telefonnummern veröffentlicht werden. Bitte vermeiden Sie aus Datenschutzgründen, Ihre E-Mail-Adresse anzugeben. Fragen zu den Inhalten der Sendung, zur Mediathek oder Wiederholungsterminen richten Sie bitte direkt über das Kontaktformular an die ARD-Zuschauerredaktion: https://hilfe.ard.de/kontakt/. Vielen Dank!

*
*

* Pflichtfeld (bitte geben Sie aus Datenschutzgründen hier nicht Ihre Mailadresse oder Ähnliches ein)

Kommentar abschicken

Ihr Kommentar konnte aus technischen Gründen leider nicht entgegengenommen werden

Kommentar erfolgreich abgegeben. Dieser wird so bald wie möglich geprüft und danach veröffentlicht. Es gelten die Nutzungsbedingungen von DasErste.de.