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EXZESS Berlin – Hauptstadt der Clubs

PlayFilmszene "EXZESS Berlin – Hauptstadt der Clubs"
EXZESS Berlin – Hauptstadt der Clubs  | Video verfügbar bis 03.09.2024 | Bild: rbb/solo:film

Berlin ist die Hauptstadt der Clubkultur. Orte wie das Berghain, der Tresor oder der KitKat-Club sind weltweit bekannt. Nirgends, so der Ruf, wird länger, exzessiver, freier gefeiert als hier. Exklusiv für die Mediathek der ARD haben rbb und ARD Kultur eine 3teilige Doku-Serie "EXZESS Berlin – Hauptstadt der Clubs" (Veröffentlichung, 7. September) gedreht. Die Serie erkundet das sagenumwitterte Berliner Nachtleben und erzählt zugleich aus fünf Jahrzehnten Clubkultur. Denn die Freiheit der Berliner Nacht ist ein Mythos mit Tradition. "ttt" hat die Doku-Serie vorab geschaut.

Dem Alltag entfliehen durch Selbstübertreibung

Zazie de Paris
Zazie de Paris | Bild: rbb/solo:film

Das Berghain in Berlin – einer der weltweit angesagtesten Klubs. Die Schlange ist dementsprechend. Aber sie verkündet vor allem eines: Die Nacht ist nicht allein zum Schlafen da. "Eigentlich bin ich so in meinem behüteten Zuhause und schlafe in der Nacht, und dann breche ich aus diesem Muster total aus", erzählt Marlena vom ArtEmiss Collective. "Musik, Tanzen, Rausch ist immer ein Thema, weil der Mensch immer eine Sehnsucht nach etwas hat, was über das ganz normale Leben hinausgeht. Dass er sagt: Ich möchte diesen Moment erleben, wo ich irgendwie abhebe und fliege", so Westbam. Darum ging es immer, wenn es durch die Nacht ging: dem Alltag entfliehen durch Selbstübertreibung – ob in den ekstatischen Posen in Leder und Metall oder mit Flitter, Strass und der Illusion alles sein zu können. 1974 kommt Zazie de Paris, damals noch als Mann, von Paris nach Berlin. Gemeinsam mit Romy Haag eröffnet sie eine neue Ära des Feierns. Das "Chez Romy Haag" als queerer Tanzplatz. Nachtleben als rauschhafte Selbstverwirklichung und Selbstbefreiung in einer Stadt ohne Sperrstunde. "Berlin war eine sehr, sehr tolerante Weststadt, eine Insel, eine absolute Insel der Toleranz", erzählt Zazie de Paris.

Diskofieber der 80er Jahre

Fotograf Ali Kepenek
Fotograf Ali Kepenek | Bild: rbb/solo:film

Berlin im Diskofieber der 80er Jahre. Das Metropol im Westen prahlt mit technischem Fortschritt – eine computergesteuerte Lasershow. In Ostberlin sind Café Nord und Operncafé die angesagten Diskotheken. Und auch ein Hotspot für Westberliner. Was immer die Feiernden der Stadt in Ost und West trennt, auf der Tanzfläche treffen sie sich zur allabendlichen Wiedervereinigung in einer geteilten Stadt. "Es gab auch Westkontakte, klar. Ist ja nun mal Berlin, war jetzt nicht so weit. Es kam ja nicht darauf an, woher jemand kam, sondern wie gut er aussah", so Petra Schreiber von der Hafenbar. Eine der berühmtesten Adresse im Westberlin der 80er Jahre ist die Nürnberger Str. 53. Eintritt in den "Dschungel" und in die Boheme der Nacht. "Dschungel, das war noch Glamour der 80er Jahre, irgendwie colourful, neon, Makeup und das war irgendwie schon so eine für mich wahnsinnige Welt. Das war so Theater: Alle waren irgendwie wie so in einem eigenen Film und das ging immer nur um sich selber. Und dann als die Mauer aufging, ging dann alles irgendwie in den Osten rüber", erzählt Fotograf Ali Kepenek.

Der Berliner Osten wird zum Abenteuerland

Oliver Marquardt, DJ Jauche
Oliver Marquardt, DJ Jauche | Bild: rbb/solo:film

In bröckelnden Industriebrachen und Kellergewölben erwacht die Anarchie der Nacht. Eine neue Generation aus Ost und West erobert sich ihre Freiräume. Heute kaum noch vorstellbar. Auch für Alexandra Dröner, Mitbegründerin des legendären "Tresor". Der Kapitalismus hat gesiegt und die Partymusik dazu liefert ein stampfender Beat. Techno wird zum Sound der Klubkultur und einer Jugend in Euphorie. "Der Fall dieses sozialistischen Systems, dieser Aufbruch in die westliche Welt, das hat einen ganz schön mitgenommen. Also im positiven Sinne. Und die Musik dazu, die war wie ein Rauschmittel. Das hat einen in Trance versetzt, da musste man nicht mal trinken. Wir haben uns damals wirklich durch die Musik berauscht", so Oliver Marquardt, DJ Jauche.

Aus der Anarchie des Anfangs wird eine Feier-Industrie

Britt Kanja, Mitbegründerin "90Grad"
Britt Kanja, Mitbegründerin "90Grad" | Bild: rbb/solo:film

Wild und verwegen, der Osten von Berlin, ein Wahnsinn! Westberlin ist abgeschrien! Bis auf das 90Grad – der heißeste Party-Ort der 90er Jahre. Berlin wird Hauptstadt und schick – und die Klubnächte werden es auch. Aus der Anarchie des Anfangs ist längst eine Feier-Industrie geworden. Und trotzdem: "Dass Schöne an Berlin ist, egal welche Präferenzen du im Kopf hast, wo du herkommst, was dir gefällt, was du machen willst, wenn du offen genug bist, dann findest du hier deinen Kreis, der dich weiterbringt, egal ob es im Nachtleben ist oder sonst wo ist. Jeder einzelne findet, wenn er offen genug ist, für sich die Kicks, die man so braucht im Leben", erzählt Britt Kanja, Mitbegründerin "90Grad".

Berlin im Lockdown

Exzess Berlin – Hauptstadt der Klubs
Exzess Berlin – Hauptstadt der Klubs | Bild: rbb/solo:film

Die Ausnahme von der Regel erzwingt eine Pandemie. Berlin im Lockdown. Einsamkeit statt Exzess. Doch in der ungewohnten Stille zappelt bereits eine neue Party-Generation für ihren Auftritt. "Über die Corona-Zeit hat sich auf jeden Fall alles bisschen verhärtet. Auf jeden Fall. Dickerer Bass, mehr schrillere Sounds. Exzessiver! Exzessiver", so das DJ-Kollektiv Pfandidos. "Es gibt immer wieder eine neue Generation von Leuten, die haben eine bestimmte Art mit Musik und Feiern umzugehen. Und wir möchten das in Räumen tun, wo wir nicht das Gefühl haben, dass wir kontrolliert sind. Wenn wir im Club sind, sind wir in einem Raum, der uns einfach leben lässt", erzählt Alexandra Dröner, Mitbegründerin "Tresor". Nur wenige Klubs haben ein Abo für die Ewigkeit – Partyorte vergehen und entstehen. Doch noch immer gilt Berlin als Hauptstadt der Klubs. Davon erzählt die Doku-Serie "Exzess" – vom Rausch der Nacht in den Blitzgewittern der Freiheit.

Autor: Lutz Pehnert

Tipp:
Doku-Serie: "EXZESS Berlin – Hauptstadt der Clubs"
Ab 07.09.2023 in der Mediathek der ARD verfügbar

Stand: 03.09.2023 19:32 Uhr

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So., 03.09.23 | 23:35 Uhr
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Produktion

Rundfunk Berlin-Brandenburg
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