So., 07.09.25 | 23:35 Uhr
Das Erste
Silent Friend
Der Blick in die Natur. Gewachsene Zeit. Inmitten des Botanischen Gartens in Marburg: ein Ginkgo Baum. Drei Epochen. Drei Wissenschaftler. „Silent Friend“ beginnt mit der Wahrnehmung eines Säuglings, durch dessen Kopf die Welt als Ganzes fließt, ungefiltert. Ein Zustand wie auf einem Trip, sagt der Forscher. Grenzenlos. Kann die Naturwissenschaft helfen, wieder in Kontakt mit der geheimen Sprache der Pflanzen zu treten, zu verstehen?

„Die Einsamkeit, ein Außenseiter zu sein, das sind auch Themen in meinem Film“, sagt die Regisseurin Ildikó Enyedi. „Auch der Ginkgo ist ein Außenseiter, eine einsame Seele in einem Botanischen Garten, der dazu noch von einsamen Seelen besucht wird, weil sie statt eines sozialen Lebens nur diese natürliche Umgebung haben.“
Ein chinesischer Neurowissenschaftler untersucht die elektrischen Impulse des Baumes, seine Gefühle. Der weibliche Ginkgo hat keinen Sex. Deswegen schickt eine französische Forscherin Samen. Und der Wissenschaftler hilft bei der Fortpflanzung. „Es hat mich stets interessiert und ich bin immer neugierig gewesen: Wie können wir uns als Menschen und mit anderen Lebensformen verbinden“, sagt Enyedi.

Der Hausmeister und Wächter des Gartens sabotiert den Wissenschaftler. Er sieht ihn als Eindringling. Werden sie sich irgendwann verstehen können? „Es muss immer wieder betont werden wie nützlich, schön und einmalig die Grundlagenforschung von Naturwissenschaftlern für die Menschheit ist“, sagt Enyedi.

1908. Als erste Frau an der Uni Marburg erkennt die Biologin Grete die Strukturen und Muster des Lebens mit Hilfe der Fotografie. „Sie sieht, dass da eine Verbindung ist zwischen Mensch und Natur und fängt dann an Blätter und Früchte und Gemüse zu fotografieren“, sagt Schauspielerin Luna Wedler. „Sie geht da selber auch auf die Reise mit ihrem eigenen Körper. Und das ist auch eine Reise zur Frau irgendwie.“
Intuitive Bildfolgen und wissenschaftliche Erklärungen gehen bei der ungarischen Regisseurin Ildikó Enyedi eine magische Beziehung ein. Es gelingt ein achtsamer Dialog zwischen Natur und Mensch. „Wir wissen inzwischen, dass Pflanzen ein soziales Leben haben, ein sehr kompliziertes Kommunikationssystem“, sagt Enyedi. „Das ist alles keine Träumerei. Es ist Wirklichkeit.“
In „Silent Friend“ wird Erkenntnis poetisch. Die Sprache zwischen Mensch und Natur greifbar.
Autorin: Antja Harries
Stand: 07.09.2025 19:00 Uhr
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