So., 07.09.25 | 23:35 Uhr
Das Erste
The Wizard of the Kremlin
KGB-Offizier, russischer Präsident, Diktator und Kriegstreiber. Kontinuierlich hat Putin Macht ausgebaut und sein Regime errichtet. Nicht ohne Hilfe, erzählt „The Wizard of the Kremlin“. Dafür brauchte es einen Strippenzieher. „Der Hexenmeister ist der Mann im Hintergrund“, sagt Schauspieler Paul Dano. „Er hält die Fäden in der Hand.“

Wadim Baranow sei Mastermind und Spindoktor des Regimes, erzählt der Roman „Der Magier im Kreml“. In der Realität hieß der Putin-Stratege Wladislaw Surkow. Er ist das Vorbild für das Buch, auf dem auch der Film basiert. „Baranow manipuliert alles und jeden“, sagt Drehbuchautor Emmanuel Carrère. „Auch die Opposition. Auch wenn er es zunächst gar nicht verwerten kann.“

„Eine Figur wie Baranow von vornherein als böse zu etikettieren, würde es absolut zu simpel machen“, sagt Paul Dano. „Das würde mehr Schaden als Gutes anrichten. Man muss die Hintergründe durchleuchten, die Graustufen wahrnehmen. Das ist vielleicht beängstigend, ist aber besser, als nur Schwarz-Weiß zu denken.“
Paul Dano spielt den Strategen als intellektuellen Manipulator im Machtgeflecht Putins. Aus seiner Perspektive ist die Geschichte erzählt. Eine filmische Chronologie zwischen Fiktion und Realität. Hochkarätig besetzt. Den russischen Präsidenten spielt Jude Law. Der französische Regisseur Olivier Assayas inszeniert elegant und routiniert – diese Chronik des Grauens.
Wie sich der Maske des Bösen nähern? Historisches Material gibt es in Fülle. Eine Karikatur sollte der russische Präsident nicht sein. Der Film nimmt seine Figuren ernst. Für die satirische Freiheit eines Charlie Chaplin in „Der große Diktator“ hat er keinen Platz.

„Für mich war es schwierig, weil dieses öffentliche Gesicht Putins, das man überall sieht, einfach nichts verrät“, sagt Schauspieler Jude Law. „Es gibt doch diese Redewendung ‚Der Mann ohne Gesicht’. Ich steckte in einem Konflikt als Schauspieler, weil ich nichts zeigen durfte, aber viel fühlen musste.“
Die Olympischen Winterspiele 2014 nutzt Putin politisch und symbolisch. Nach außen signalisiert er den geopolitischen und wirtschaftlichen Aufstieg zur Supermacht. Innenpolitisch festigt er seine Position. Das Geld liefern die Oligarchen, deren Macht Putin später bricht. Der Film erzählt alle politischen Ereignisse von den 1990er Jahren bis 2019. Gleichschaltung der Medien und Einschränkung der Meinungsfreiheit. Genau analysiert „The Wizard of the Kremlin“ den Umbau des Systems. Gelegentlich arbeitet er mit Originalmaterial. Dass Baranow irgendwann in Ungnade fällt, wird zum dramaturgischen Kniff.

„In diesem Film geht es vor allem auch darum, wie die moderne Politik des 21. Jahrhunderts erfunden wurde“, sagt Regisseur Olivier Assayas. „Und ein Teil dieses Übels ist dem Aufstieg Vladimir Putins in Russland geschuldet. Wir erzählen zwar die sehr spezifische Geschichte Putins. Aber sie steht auch für andere Machthaber.“
„The Wizard of the Kremlin” mag teilweise fiktiv sein. Aber er demaskiert die Dynamik von Putins Aufstieg. Und wir haben zugeschaut.
Autorin: Antje Harries
Stand: 07.09.2025 19:00 Uhr
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