So., 04.05.25 | 23:05 Uhr
Das Erste
(Er)drückst Du mich?
Musikerin Sophia Kennedy veröffentlicht neues Album "Squeeze me"
Sophia Kennedy, eine vielseitige Komponistin und Sängerin mit beeindruckender Stimme, verbindet in ihrer Musik Tradition und Gegenwart. Aufgewachsen in Baltimore, kam sie zum Filmstudium nach Hamburg. Ihr Ziel: Traditionelles bis zur Grenze des Extremen zu bringen. Am 23. Mai erscheint ihr drittes Album "Squeeze me".
Die Innerlichkeit ist eine Gefahr

"Wo geht die Lüge los und wo die Illusion. Und wo ist das tatsächlich große Gefühl?" fragt sich Sophia Kennedy und ergänzt: "Ich bin oft daran interessiert, dass diese Dinge sich ein bisschen verschieben." Wenn man die Realität ganz besonders übertrieben oder überspitzt, leicht verschoben oder in einem anderen Kontext darstelle, dann sei sie näher erfahrbar, so Kennedy. Dabei Innerlichkeit stellt für sie eine Gefahr dar: "Gerade bei Texten passiert es, dass alles innerlich und weinerlich und Jammerlappen-mäßig ist. Das habe ich auf jeden Fall auch in mir." In einer Welt, in der sich viele nur um sich selbst drehen, fragt sich die Musikerin, wie man raus aus der Innerlichkeit und rein ins Beobachten komme. "Ich sehe mich eher als jemand, der etwas feststellt und der auch aus sich selbst schöpft: aus meiner Biografie, wie es mir geht und was ich fühle. Doch das muss ich dann irgendwie kuratieren, bevor ich es niederschreibe, damit es eine Distanz dazu gibt."
Über Macht und Gefühle

Sophia Kennedy ist in Baltimore in den USA geboren. Als sie 5 Jahre alt war, zog ihre Mutter mit ihr in die niedersächsische Provinz. Damals sprach sie nur Englisch. Dass viel mit ihr gesprochen wurde, sie aber nicht antworten konnte, war für Sophia Kennedy Teil einer Albtraumwelt: "Man lebt wie in einem Vakuum." Auf ihrem neuen Album beschäftigt sie sich mit Macht. Wer besitzt sie? Wer spielt sie aus? Welche Macht haben Menschen über Menschen und welche Macht haben Gefühle? "Dadurch, dass ich in den USA geboren bin und in Deutschland aufgewachsen bin, war Zeit immer eine riesige Macht", erklärt Kennedy. "Genauso Trauer und Abschied, die immer wie eine Glocke über allem schwebten. Dazu kam die Sehnsucht nach der Familie, das Gefühl weit weg zu sein und sich nicht richtig zu kennen."
Auch eine Umarmung kann zerquetschen

In einem Kellerstudio in Hamburg-Altona entstand ihr neues Album. Wie immer gemeinsam mit Produzent Mense Reents; ihrem musikalischen Partner in Crime. Sie hat es "Squeeze me" genannt - drück mich, mit dem Gedanken: Auch eine Umarmung kann zerquetschen. "Dass ich Musik machen kann, unabhängig vom großen Erfolg, das ist das, was mich umarmt. Was mich zerdrückt, ist genau das Gegenteil. Wenn wir über meinen Beruf sprechen, habe ich oft das Gefühl, dass ich zerdrückt werde, weil alles Mögliche aus mir raus gesogen wird, weil es nur noch um Content geht die ganze Zeit", sagt die Musikerin und fügt hinzu: "Ich denke nicht, dass Kurt Cobain ein Instagram-Profil hätte.” All das zusammen macht Sophia Kennedys Musik aus: Sie schält Wirklichkeiten wie Äpfel, bricht sie in Stücke und serviert sie als bittersüßen Elektropop.
(Beitrag: Katharina Ricard)
Stand: 04.05.2025 19:57 Uhr
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