So., 05.10.25 | 23:05 Uhr
Das Erste
Stonehenge: Ken Folletts neuer Roman über eine Kathedrale der Steinzeit
Bestseller-Autor ergründet eines der letzten großen Rätsel
Seit Tausenden von Jahren stehen sie da, in der südenglischen Pampa. Die Steine von Stonehenge, von Mythen umwoben: Waren hier Menschen am Werk – oder doch Außerirdische?
Der Palast der Winde. Die Kathedrale der Zeit. Ein Fressen für die Fantasie. – Und für den Bestseller-Autor Ken Follett: "Ich mag auch Geschichten über Außerirdische, die zu uns auf die Erde kommen. Immer wieder toll zu lesen. Aber natürlich glaube ich nicht, das sowas jemals passiert ist", erklärt er.
Follett geht mit seinem Roman in die Steinzeit zurück
Die Inspiration für sein neues Buch lieferte ihm der Titel eines Archäologiebuches: "Wie baut man Stonehenge?", lautete der. "Da habe ich gedacht: 'Das klingt nach einem Buch von Ken Follett.'"

Nicht weit von Stonehenge steht die Kathedrale von Salisbury: der passende, gerade so ausreichende Rahmen für die Präsentation von Ken Folletts neuem Roman. Das mächtige Gotteshaus war 1989 Inspiration für sein Epos "Die Säulen der Erde".
"Etwas so Großes errichten: Das ist Berufung, ein Kampfauftrag", erklärt der britische Autor. Seine neue Story erzähle auch diesmal vom Alltag der am Geschehen beteiligten Frauen und Männer: "Wir werden hineingezogen in ihre Hoffnungen und Ängste – das treibt die Geschichte voran. Aber erst die Mission, die sie verfolgen, gibt dem Buch seine Form."
Clans rivalisieren um knappe Ressourcen
Ken Follett entführt seine Leser nun in die Jungsteinzeit, ungefähr 4.500 Jahre vor Christus. Er lässt rivalisierende Clans von Bauern, Hirten und Beerensammlern um schon damals knappe Ressourcen kämpfen.
Eine durch Klimawandel bedingte Dürre-Katastrophe verschärft die Krise. Bis eine selbstbewusste Frau, Hohepriesterin, die destruktive Energie der Männer in ein gewaltiges Gemeinschaftsprojekt umleitet.
Stürmischer Pressetermin im Morgengrauen

Die archaische Szenerie von Stonehenge nutzt der Autor für einen Pressetermin im Morgengrauen. Sechs Uhr, gleich geht die Sonne auf, rollt er mit seinem Rolls Royce heran. Dann küsst der erste Strahl den Stein. Doch das englische Wetter ist stärker als der Sonnengott, dem – who knows – das Monument geweiht ist.
"Um Stonehenge ranken sich viele Geheimnisse: Wer hat es gebaut? Wie wurde es gebaut und – warum?" erklärt Follett und betont, dass es ein Fehler sei, frühe Gesellschaften für primitiv zu halten: "Dieses Monument lehrt uns: Sie waren vielleicht früh, aber sicher nicht primitiv. Bemerkenswert, was sie konnten!"
Fakt und Fiktion im Rahmen des Plausiblen
Lage und Ausrichtung der Steine sprechen dafür, dass sich die Menschen des Stone Age hier einen astronomischen Kalender konstruierten. Sicher weiß man: Die tonnenschweren Steinblöcke wurden aus weit entfernten Gegenden in Wales und Schottland herbei schafft – lange vor der Erfindung des Rads.

Wo sonst nichts durch Zeichen oder Sprache überliefert ist, bewegt auch Follett sich im dämmrigen Zwischenreich von Fakt und Fiktion. Tiefenrecherche nach dem Material, aus dem die damals verwendeten Werkzeuge waren.
Dabei unterstützt ihn der Feuerstein-Experte Phil Harding, der ist in England ein Fernsehstar und sagt: "Als Archäologe verlange ich Genauigkeit. Ein Romancier darf spekulieren – im Rahmen des Plausiblen." Aber: "Wie Ken schreibt, zieht es dich rein in die Geschichte! Und ehrlich, dafür vergesse ich sogar mal kurz die Archäologie."
"Wozu gibt es Literatur? Um uns zu erfreuen!"
Dazu meint Ken Follett: "Meine Devise ist: 'Schreib niemals was in deine Story, was mit der bekannten Geschichte kollidiert!' Wenn ich also zum Beispiel über die Schlacht bei Waterloo schreibe, sage ich auf keinen Fall, dass sie im Januar stattfand, denn das stimmt nicht."

Seit einem halben Jahrhundert ist Ken Follett, der ehemalige Reporter des Londoner "Evening Standard" erfolgreich mit seinen am klassischen Thriller orientierten, historischen Romanen. Action-betonte Sprache. Charaktere, die entweder gut oder böse sind. Psychologie: Nicht sein Ding. Seine Bilanz: 200 Millionen verkaufte Bücher!
Seine Maxime bringt er so auf den Punkt: "Das Leben ist unglaublich kompliziert. Es ist kein bisschen einfach. Wozu gibt es Literatur? Um uns zu erfreuen! So sehe ich das. Deshalb schreibe ich Geschichten, die die Leute mühelos genießen können. Keiner soll einen meiner Sätze zweimal lesen müssen. Wenn das passiert, habe ich versagt."
Diese Gefahr besteht kaum. Follett erzählt Architektur- und Menschheitsgeschichte als Blut-Schweiß-und-Tränen-Drama, doch auch sinnlichen Freuden sind seine Heldinnen jederzeit zugetan.
1.500 Jahre wurde an Stonehenge gebaut, ungefähr ebenso lange stand das Monument, bevor der Zahn der Zeit es zerlegte.
Historien-Romane als Spiegel der Gegenwart

Vielleicht hat Ken Folletts ungebrochener Erfolg auch damit zu tun, dass wir in seinen zeitlos eingängigen Romanen immer auch unsere Gegenwart erkennen.
"Wenn wir über die grundlegenden, tiefen Dinge schreiben, die wahren Krisen des Lebens, dann schreiben wir über Gewalt, Verbrechen und Krieg, aber auch über Liebe und Sex“, sagt dazu der Autor: "Ich denke, die Leser werden über einen Krieg in der Steinzeit lesen und dabei an Kriege im 21. Jahrhundert denken. Und das ist in Ordnung. Das ist nicht meine Absicht. Es ist eher unvermeidlich."
Autor: Andreas Lueg
Stand: 05.10.2025 22:46 Uhr
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