Tweets statt Thriller

Bestsellerautor Don Winslow kämpft gegen Donald Trump

Bestsellerautor Don Winslow kämpft gegen Donald Trump | Video verfügbar bis 09.07.2024 | Bild: WDR

Der US-amerikanische Bestsellerautor Don Winslow hat über 30 Krimis geschrieben, die ihn weltberühmt gemacht haben. Zwei seiner Bücher wurden verfilmt, eines davon – "Savage" – in der Regie von Oscar-Preisträger Oliver Stone. Gerade ist sein Roman "City of Dreams" auf Deutsch erschienen, der zweite Teil seiner jüngsten Thriller-Trilogie, die mit "City on Fire" begann und im kommenden Jahr mit "City in Ruins" enden wird. Doch danach ist Schluss mit seiner Schriftstellerkarriere. Don Winslow hat entschieden, keine Bücher mehr zu schreiben und sich dem Kampf für die Demokratie zu widmen. Eines seiner wichtigsten Ziele: eine zweite Präsidentschaft Donald Trumps zu verhindern. ttt hat Don Winslow in Rhode Island getroffen.

Demokratie in der Krise

"Ich denke, dass wir uns in einer existenziellen Krise der amerikanischen Demokratie und vielleicht der Weltdemokratie befinden, und diese Krise erfordert eine Antwort, die nicht in Romanform zu finden ist", sagt Don Winslow. Seine Energie und seine Fähigkeiten steckt er jetzt in die sozialen Medien, um viel mehr Menschen in viel kürzerer Zeit zu erreichen. 280 Zeichen statt 400 Seiten. "Ich glaube, man muss täglich, manchmal sogar stündlich agieren". In den letzten Jahren hat er doppelt so viele Tweets wie sein Hauptgegner Trump abgesetzt und damit eine Million Follower erreicht. Außerdem veröffentlicht er selbstproduzierte Videos, in denen er Trumps Fake News entlarvt. Sie wurden bisher über 300 Millionen Mal angeklickt. "Mit den Videos verfolgen wir eine doppelte Strategie. Einerseits wollen wir unsere Basis stärken. Andererseits wollen wir auch die Republikaner erreichen und die Wechselwähler, die noch unentschieden sind, und sie ermutigen, nicht für Trump zu stimmen."

Harte Bandagen

Kämpft gegen Trump | Bild: WDR

Für Don Winslow ist es einfach nicht hinnehmbar, dass der Mann, der mit dem Sturm auf das Capitol am 6. Januar 2021 einen Putschversuch initiiert hat, zurück an die Macht will. Trump zu unterschätzen, hält er für einen großen Fehler. Und deswegen kämpft er mit harten Bandagen. "Die Gegenseite, die sind wie Schulhofrüpel. Die behaupten einfach irgendwas, führen sich auf wie harte Kerle. Bis jemand kommt und ihnen eins auf die Nase gibt. Dann rennen sie sofort heulend zum Lehrer. 'Oh, Don Winslow war gemein zu mir. Er hat gemeine Dinge über mich gesagt.' Da hast du verdammt Recht, das habe ich. Und das werde ich auch weiterhin tun."

"City of Dreams"

Dass er nicht zimperlich ist, hat er als Krimiautor längst bewiesen. Egal ob es um den mexikanisch-amerikanischen Drogenkrieg oder den weltweiten Mädchenhandel geht – seine Schilderungen sind nichts für sanfte Gemüter. In dem jetzt erschienenen zweiten Band seiner Abschiedstrilogie erzählt er die Geschichte eines irischen Gangsterclans in Rhode Island in den 1980er Jahren. Es ist auch eine Reise zurück in seine Jugend. "Ich bin mit der irischen und italienischen Mafia aufgewachsen, ich hatte Schulkameraden aus solchen Familien. Und wenn sie in den Krieg zogen, was sie häufig taten, war das Teil meiner Kindheit. Als ich dann Jahre später die Ilias und die Odyssee las, erinnerten mich diese alten klassischen Geschichten an die Kriege, mit denen ich hier in Neuengland aufgewachsen bin."

Archaische Kämpfe

"City of Dreams" hat er ganz unbescheiden an Vergils Aeneis angelehnt. Den Krieg um Troja verlegt er nach Rhode Island. Wie Vergils Aeneas muss sich sein Held Danny auf einem Roadtrip behaupten, der ihn allerdings nicht nach Karthago, sondern an die amerikanische Westküste führt, wo er sich – wie Aeneis in Königin Dido – in eine Hollywood-Schönheit verliebt. "Was mich fasziniert, ist, dass sich nichts wirklich verändert hat. Jedes Thema, das wir im Krimi behandeln, haben die Griechen und die Römer schon vor Tausenden von Jahren behandelt. Ehre, Unehre, Loyalität, Verrat, Rache, Liebe, Gier, Ehrgeiz, Reue – das ist alles darin."

Auch sein Kampf gegen Donald Trump trägt archaische Züge. Zwar sieht es im Moment nicht gut für den Republikaner aus. Er muss sich gleich in mehreren Verfahren vor Gericht verantworten – unter anderem als erster Präsident der USA in einem Strafprozess. Zurzeit ermittelt der Bundesstaat Georgia wegen des Verdachts auf Wahlmanipulation gegen ihn. "Ich hoffe sehr, dass Georgia ihn anklagt", sagt Don Winslow. "Ich habe in meinem Leben noch nie einen klareren Fall gesehen. Wir haben ihn eine Stunde lang auf Band, wie er versucht, 11.000 Stimmen zu bekommen. Für mich hätten diese Anklagen schon vor anderthalb Jahren erfolgen müssen." Noch ist der Wahlkampf nicht in seine heiße Phase getreten. Für Winslow aber steht fest: "Wir müssen aktiv bleiben, damit wir bereit sind, wenn das echte Rennen beginnt."

 Buchtipp

Don Winslow: City of Dreams.
Harper Collins 2023, Preis: 24 Euro

Autorin des TV-Beitrags: Claudia Kuhland

Die komplette Sendung steht am 09. Juli ab 20 Uhr zum Abruf in der Mediathek bereit.

Stand: 10.07.2023 07:52 Uhr