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Woody Allen & Roman Polanski

PlayWoody Allen auf dem roten Teppich von Venedig
Woody Allen & Roman Polanski | Video verfügbar bis 10.09.2024 | Bild: BR

In seinem Film "Der Stadtneurotiker" hatte Woody Allen 1977 das Essentielle über das Leben gesagt: "Kennen Sie den schon? Zwei uralte Damen sitzen im Hotel mit Vollpension. Sagt die eine: 'Das Essen hier ist wirklich schrecklich!' Antwortet die andere: 'Stimmt. Und diese winzigen Portionen!' Und wenn Sie mich fragen: So sehe ich im Wesentlichen das Leben: Voll Einsamkeit, Elend, Leid und Kummer. Und doch ist das Ganze eigentlich viel zu schnell vorbei."

87 Jahre, fünfzig Filme

Eine Mann und eine Frau am Küchentisch
Eine Liebe entsteht – ein Liebhaber verschwindet | Bild: Filmfestspiele Venedig

Auftritt Woody Allen in Venedig. 87 Jahre. Fünfzigster Film. Sein Leben, so sagt er, sei alles in allem dann doch ein Glücksfall gewesen. Seinen neuen Film nennt er genau so: "Coup de Chance". Zwei Menschen und ein Moment, der das Leben für immer verändert. Ähnlich seinem Meisterwerk "Match Point" spielt Woody Allen erneut lustvoll mit den Zufällen menschlicher Existenz. Eine Liebe entsteht. Und ein Ehemann ahnt es.

Als der Liebhaber verschwindet, taucht der Film in die Abgründe der Pariser Bourgeoise ein. Elegant zelebriert Allen die Irrungen und Wirrungen menschlicher Emotionen und zeigt, dass er es noch immer draufhat. Woody Allen hat mal gesagt, er will nicht durch seine Filme unsterblich werden, sondern dadurch, dass er nicht stirbt. Guter Plan.

Kaviar bis das Herz jubiliert

Ein Mann im Anzug
Oliver Masucci als Hotelmanager | Bild: Filmfestspiele Venedig

Ein anderer Regisseur scheint denselben zu haben. Roman Polanski, der selbst nicht nach Venedig kam – wohl aber seine Darsteller – wurde gerade 90 Jahre. Schauplatz seines neuen Films: ein Schweizer Luxushotel. "Heute Abend werden hier sehr viele sehr wichtige Menschen Abend essen", heißt es im Film.

"Die Laune, mit der sie morgen wieder abreisen, wird Auswirkungen auf das Leben von Millionen Menschen auf der Welt haben. Unsere Aufgabe ist es, sicherzustellen, dass keinem sein Hinterteil vom Sitzen wehtut und dass sie sich so lange mit Kaviar vollstopfen können, bis ihr Herz jubiliert."

Dekadenz, Unterwerfung, Bosheiten

Ein Mann gibt ein TV-Interview
Schauspieler Oliver Masucci | Bild: BR

"Ich komme aus dem Restaurant-Business", sagt Schauspieler Oliver Masucci. "Mein Vater hatte drei italienische Restaurants. Da bin ich groß geworden, habe gekocht, habe gespült, habe gekellnert, habe sogar den Laden geführt. Ich habe mit dem richtigen Hotelmanager gesprochen in dem Hotel. Der hat gesagt, das ist nicht übertrieben, was da in dem Film passiert, teilweise sogar noch untertrieben." 

Dekadenz und Unterwerfung. In "The Palace" treffen am Silvesterabend die seltsamsten Exemplare einer vermeintlichen Oberschicht in einem Luxushotel aufeinander: alte Männer mit viel zu jungen Frauen, in die Jahre gekommene Superstars. Bosheiten, geboren aus Langeweile. Und Sprüche wie dieser: "Ich bräuchte nur einen Anruf machen – und schon würde mir Ihr Hotel gehören!"

Ein Hotel als Metapher auf das Leben 

Eine ältere Frau auf dem Roten teppich
Schauspielerin Fanny Ardant  | Bild: BR

Polanski findet Bilder für den Wahnsinn. Ein Hund, der sein Geschäft nicht im Schnee verrichten kann. Ein zufällig anwesender Schönheitschirurg sucht nach der Ursache. "Und, was ist Ihre Diagnose, Dr. Lima? Seien Sie bitte ehrlich, ich bin auf alles gefasst." – "Ich bin kein Tierarzt, aber ich glaube, ihr Herr Toby hat Würmer. Und ich befürchte, Sie könnten die jetzt auch haben." 

"Dieses Hotel ist wie eine Metapher auf das Leben", sagt Schauspielerin Fanny Ardant. "Auf der einen Seite stehen die Reichen, auf der anderen diejenigen aus einfachen Verhältnissen. Es zeigt den Wahnsinn der Welt. Polanski will sich über diese Welt lustig machen – ohne dabei moralisch zu werden. Er will das einfach nur mit großer Unverfrorenheit zeigen."

Besser schnell vergessen

Zwei Männer in einer Hotellobby
Szene aus "The Palace" | Bild: Filmfestspiele Venedig

Lustig macht er sich über diese Welt. Doch wirklich lustig ist der Film deshalb nicht. "The Palace" verliert sich in einem Reigen aus Klamauk und Slapstick. Besser, man vergisst diesen Film schnell. Und erinnert sich an all die Werke, in den Polanski von dem erzählt, wofür sein Kino steht: vom Überleben.

Autorin: Ronja Mira Dittrich

Stand: 13.09.2023 08:48 Uhr

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Bayerischer Rundfunk
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