So., 10.09.23 | 23:05 Uhr
Das Erste
Tops und Flops
Frankenstein auf feministisch. Das ist "Poor Things". Glasgow, Ende des 19. Jahrhunderts. Der exzentrische und gut operierte Wissenschaftler Godwin Baxter ist der "Vater" von Bella. Eigentlich verstorben, setzt Baxter der jungen Toten das Gehirn ihres ungeborenen Kindes ein und erweckt sie mit Hilfe von Elektroschocks zum Leben.
Vorbild, klar, ist Mary Shelleys Frankenstein. Doch so eine Schöpfung ist gefährlich. Bella entwickelt rasch ein Eigenleben. Sie ist etwas sprunghaft, hat ein soziales Gewissen und viel und sehr, sehr gerne Sex. Das ist unterhaltsam, herrlich überdreht und bisweilen eine Nummer zu viel.
Dem Killer unterläuft ein Fehler
Außerdem auf dem Festival: "The Killer" von David Fincher. Ein namenloser Auftragsmörder ist nach Paris gereist, um einen Job zu erledigen. Seine Vorbereitungen folgen einem strengen Ritual: Yogaübungen, Puls runterfahren. Beinahe klinisch geschieht dies. Doch dann unterläuft ihm ein Fehler.
Blaupause für "The Killer" ist Jean-Pierre Melvilles Jeff Costello: "Der eiskalte Engel". Auch er ein großer Schweiger und scheinbar total abgebrüht. Doch wie immer, wenn etwas schiefläuft, kommt ins Spiel, was sich der Profi strikt untersagt hat: Emotionen. "The Killer" hat nicht die kunstvolle Stilisierung des Vorbilds. Aber es ist ein makelloser Thriller von kristallklarer Brillanz.
Gibt es so etwas wie Schicksal?
Der deutsche Wettbewerbsbeitrag "Die Theorie von allem", in schwarz-weiß ist: viele Filme. Es geht um einen Physik-Kongress in den Schweizer Alpen, um Tote, Abgründe, Wissenschaft, Leichen im Keller. Das Wesen von allem. "Was ich an der Physik mag und was die meisten Filme auch an der Physik mögen ist die Metaphysik, also die großen Fragen, die dahinter stehen", sagt Regisseur Timm Kröger.
"Gibt es so etwas wie Schicksal? Ist unser Leben vorherbestimmt? Dabei ist das etwas, was wir uns retroaktiv einbilden, weil es sich gut anfühlt. Leben wir vielleicht in einem Universum, dem wir komplett egal sind?" Das schaut gut aus und hat durchaus seine Momente. Doch der Film will zu viel. Ein wenig Arnold Fancks Bergfilmästhetik, eine Prise Loriot, etwas Krimi, Quantenmechanik und Hokuspokus. Am Ende steht ein Durcheinandertal.
Bradley Cooper spielt wie ein lausiger Comedian
Ach, hatten wir Erwartungen. Eine filmische Biographie über den ebenso genialen wie charismatischen Musiker, Komponisten und Dirigenten Leonard Bernstein. Der Film "Maestro" verhandelt vor allem seine Ehe mit Felicia Montealegre.
Dass Lenny verheiratet war, drei Kinder hatte und schwul war, hatten wir gewusst. Dass er angeblich permanent so banales Zeug plapperte, können wir kaum glauben. Das Schlimmste ist: Darsteller und Regisseur Bradley Cooper versucht Bernstein permanent zu imitieren wie ein lausiger Comedian. Nein.
Autor: Lars Friedrich
Stand: 13.09.2023 09:06 Uhr
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