So., 10.08.25 | 23:35 Uhr
Das Erste
Happy Birthday W.I.M.
Eine große Retrospektive feiert Wim Wenders
Seit 1967 dreht Wim Wenders Filme, schuf Klassiker wie "Die Angst des Tormanns vor dem Elfmeter", "Paris, Texas" oder "Der Himmel über Berlin". Mit "Buena Vista Social Club" setzte er ein Revival der kubanischen Son-Musik in Gang. Offen für technische Neuerungen drehte er in letzter Zeit Dokumentar- wie Spielfilme in 3D. Zu seinem 80. Geburtstag am 14. August widmet die Bonner Bundeskunsthalle Wim Wenders eine große Retrospektive mit Filmen, Fotoarbeiten, Aquarellen sowie Zeichnungen. ttt hat die Ausstellung in Bonn besucht und Wim Wenders dort getroffen.
Klassiker aus der Wüste
Bilder zum Wegträumen, und ein Sound, der einen direkt mitnimmt in die Wüste. Mit "Paris, Texas" wurde Wim Wenders 1984 international bekannt! Der Film erzählt die Geschichte eines Mannes ohne Erinnerung. In der Ausstellung "W.I.M. – Die Kunst des Sehens" ist auch dieser Film in einer immersiven Installation zu sehen. "Bei 'Paris, Texas' kenne ich jede Sekunde", sagt Wim Wenders, "obwohl – wenn man das hier auf fünf Leinwänden geschnitten hat, gibt es da durchaus Beziehungen zwischen den Bildern, die mir neu waren." Über 50 Filme hat er gedreht und jeder ist ein Kosmos für sich.
Berufswunsch: Maler
Schon früh begeistert ihn die Malerei, er zeichnet einsame Gestalten, verloren in der Welt. Aufgewachsen in Düsseldorf geht er nach Paris, will Maler werden und entdeckt dort die Liebe zum Film. Er erzählt von Menschen in Lebenskrisen – Suchenden – die trotzdem neugierig und offen sind. Im schönsten Sinne Lost. Ein Zustand, den auch Wim Wenders schätzt: "Ich glaube, wenn man sich nicht verlieren kann, hat man auch nichts zu gewinnen. Das ist ein blödes Wortspiel, aber ich glaube, nur einer, der noch nicht alles weiß und der auch zugibt, dass er verloren ist, kann wirklich etwas finden."
Schwelgende Bilder
Wenders wird zum Reisenden, arbeitet in den USA mit Hollywoodgrößen wie Dennis Hopper und Samuel Fuller. Aber das amerikanische Storytelling ist ihm zu konstruiert. Lieber lässt er sich beim Erzählen treiben, wie in seinem poetischen Meisterwerk "Der Himmel über Berlin". Kurz vor der Wende erzählt Wenders von zwei unsichtbaren Engeln im geteilten Berlin, schafft damit ein berührendes Porträt einer Stadt, die es so heute nicht mehr gibt. Dazu diese langsamen, schwelgenden Bilder – sein Erkennungsmerkmal. Und doch denke er sich jetzt manchmal, ob er das nicht ein bisschen schneller hätte schneiden können, und resümiert: "Aber damals haben die Leute auch langsamer geguckt, nicht nur ich."
Das echte Leben
Auch seine Dokumentationen schwelgen in Bildern – das echte Leben erzähle ihm mehr als erfundene Geschichten. In seinen Künstlerdokumentationen über die Choreographin Pina Bausch oder den Maler Anselm Kiefer ist er befreit von jedem Plot. "Ich habe vor allem deswegen so viel Gefallen an Dokumentarfilmen gefunden, weil ich da erzählen konnte, wie ich es früher in fiktiven Filmen durfte und wie ich es dann allmählich nicht mehr durfte", berichtet Wenders, "ein junger Filmemacher muss sich heute 100 Meinungen anhören, bis er am Schluss gar nicht mehr weiß, was er eigentlich drehen soll."
Zuletzt wieder ein Spielfilm "Perfect Days", der wie eine Doku daherkommt. In ihm erzählt Wenders vom einfachen, zufriedenen Leben eines Toilettenreinigers in Tokio. Vielleicht ist Wim Wenders dieser Figur am Ähnlichsten. Auch er ruht in sich – voller neuer Ideen und Bilder – Happy Birthday Wim
Autor: Eric Brinkmann
Stand: 10.08.2025 19:38 Uhr
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