So., 24.11.24 | 23:05 Uhr
Das Erste
Der junge Startenor Jonathan Tetelman
Vom Rockmusiker und DJ in New York auf die Opernbühnen der Welt
Rom in elegischem Widerschein. Die ewige Stadt in einer Stimmung zwischen Anmut und Melancholie. Geradezu passend zu den ergreifenden italienischen Melodramen, wie sie der Tenor Jonathan Tetelman weltweit auf die Opern-Bühnen bringt. Italien ist sein musikalisches Sehnsuchtsland.
Puccinis "Tosca" in Rom: Traum und Herausforderung
"Es ein Traum, hier eine Oper aufzuführen", findet er, "eine wunderbare Erfahrung, selbst wenn es jetzt gerade regnet." Rom sei der beste, aber auch ein anspruchsvoller Ort. Denn mit Puccinis Oper "Tosca" sei eine große Tradition verbunden: "Das Werk ist so intensiv, man muss sich jedes Mal neu beweisen."
Im Zentrum Roms, in der Kirche Sant' Andrea della Valle, beginnt auch Puccinis Oper "Tosca". Hier nimmt das blutige Polit-Drama um Gewaltherrschaft, Intrigen und tödliche Liebe seinen Anfang. Die tragische Figur des Kirchen-Malers Cavaradossi, der Geliebte von Tosca, ist Tetelmans Lieblingspartie: "Das größte Problem ist, dass schon so viele wunderbare Tenöre diese Rolle interpretiert haben und ich mich frage: 'Wo stehe ich in dieser Reihe, vor allem als junger Tenor?'"
Oscar der Klassik für Tetelman: Besonderes Timbre
Gerade wurde der 36-jährige Tetelman mit dem Gramophone Classical Music Award, dem Oscar der Klassik, ausgezeichnet. Das Timbre, das außergewöhnliche Volumen seiner Tenorstimme machen ihn zu einem der erfolgversprechendsten Sänger seiner Generation.
Mittlerweile ist Tetelman auf den Bühnen der Welt zu hören. Mit Energie und Eleganz singt er in aller Welt Verdi und Puccini. Am Rande eines Konzertes für eine neue Plattenaufnahme von "Tosca" in Rom betont er, die Oper scheine vielleicht ein altmodisches Genre zu sein. Dabei sei sie aber keinesfalls nur für ein älteres Publikum gedacht, "sondern für Leute, die mehr wissen und erleben wollen": "Wir ignorieren die Dinge ja nicht, nur weil sie aus der Vergangenheit kommen. Wir können an diesen Werken lernen und wachsen. Dieses altmodische Flair ist gerade das, was den Charme der Oper ausmacht."
Ungewöhnlicher Lebensweg: "Ich hatte nie Heimweh"
Der Lebensweg von Jonathan Tetelman ist ungewöhnlich. In Chile geboren, wurde er mit sieben Monaten adoptiert und wuchs bei einem amerikanischen Ehepaar in Manhattan auf. Heute wohnt er mit seiner Familie in Berlin-Charlottenburg, seine Tochter Caira, sagt er, sei die einzige Blutsverwandte, die er kenne:
"Ich wurde in Chile geboren, dann adoptiert. Doch ich fühle mich weder New York noch Amerika zugehörig. Das hat meiner Karriere sehr geholfen, denn ich hatte nie Heimweh. Ich fühle mich immer dort zuhause, wo ich gerade bin."
Begonnen hat Tetelman seine Musikkarriere als Jugendlicher an der Gitarre mit Rock und Elektronik und als DJ. Auch eine Band gründete er: "Wir nannten unsere Band Harlem House Trotters, so wie Harlem Globe Trotters."
Mit seiner Familie heute in Berlin zuhause
Doch auch die Klassik begeisterte ihn. Mit acht Jahren sang er in einem Chor und seine Stimme fiel auf. Später studierte er an der Manhattan School of Music und machte seine ersten Opernbühnen-Erfahrungen. Dabei lernte er, dass in der Oper zu singen, herausfordernder ist als auf der Rockbühne zu stehen: "In der Rock-Musik bist du einfach irgendjemand. Du kannst cool sein, sympathisch, liebevoll. Aber in der Oper musst du plötzlich eine ganz andere Person verkörpern."
Puccinis berühmteste Arie aus "Tosca", das Liebesbekenntnis eines dem Tode Geweihten: Wir kennen sie von Luciano Pavarotti bis Jonas Kaufmann. Nun übernimmt: Jonathan Tetelman.
Autor TV-Beitrag: Reinhold Jaretzky
Stand: 25.11.2024 14:32 Uhr
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