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Oppenheimer

PlayFilmstill eines Mannes, der in den Himmel sieht
Oppenheimer | Bild: Universal Pictures. All Rights Reserved

Am 16. Juli 1945 ging der Menschheit ein Licht auf. Ein neues Licht, das so noch nie gesehen wurde. Die Beobachter waren begeistert. Dann: die Druckwelle. Und ein Donnern wie beim Jüngsten Gericht. "Einige lachten. Einige weinten. Die meisten: schwiegen", erinnerte sich J. Robert Oppenheimer an die Zündung der ersten Atombombe. "Ich erinnerte mich an die Zeile aus der hinduistischen Schrift der Bhagavad Gita: 'Jetzt bin ich zum Tod geworden, zum Zerstörer der Welten.' Ich nehme an, das haben wir alle auf die eine oder andere Weise gedacht."

Von Menschen blieb nur ein schwarzer Schatten

Ein Atompilz
Pilzwolke der ersten Atombombe, 16. Juli 1945 | Bild: picture alliance / Courtesy Everett Collection

Nur drei Wochen später. 6. August 1945. Die Enola Gay. Anflug auf Hiroshima. Der Himmel ist klar. Dann: das Unfassbare. In der Minute zwischen 8:15 und 8:16 verschwindet eine Stadt. Versuchen wir uns das mal vorzustellen: Ein einzelnes Flugzeug wirft eine einzige Bombe und tötet 80.000 Menschen sofort.

In der ersten Milliardstel Sekunde erreicht die Temperatur am Detonationspunkt mehrere Millionen Grad. Bevor der Lichtblitz erlosch, waren schon tausende Menschen dort, wo sie saßen oder gingen, zu rauchenden Aschehäufchen verbrannt. Von manchen blieb nur ein schwarzer Schatten. Wenige Tage später folgte Nagasaki.

Der Film bleibt klaustrophobisch nah an Oppenheimer

Ein Mann gibt ein TV-Interview
Regisseur Christopher Nolan | Bild: BR

"Ob es uns gefällt oder nicht: Wir leben in einer Welt, die Oppenheimer geschaffen hat und das werden wir immer tun", sagt Regisseur Christopher Nolan. "Seine Taten, seine Rolle bei der Einleitung des Zeitalters der Atomwaffen und Atomsprengköpfe hat die Welt für immer verändert. Und die Welt wird sich nie wieder ändern. Er gab als Individuum der Menschheit die Macht, sich selbst zu zerstören und hat damit das Leben der gesamten Menschheit auf eine Weise verändert, wie es noch nie zuvor jemand anderes getan hat. Deshalb würde ich ihn die wichtigste Person nennen, die jemals gelebt hat."

Christopher Nolan erzählt ein Psychogramm Oppenheimers. Die Bombe wird ursprünglich gegen die Nazis entwickelt, die selber ein Bombenprogramm haben. Der Film bleibt klaustrophobisch nah an Oppenheimer. Seiner Vision. Und inneren Zerrissenheit.

Los Alamos war zunächst nur ein Ort, an dem Oppenheimer gerne zelten ging

Filmstill eines Mannes, der vor einer US-amerikanischen Flagge steht und winkt
Oppenheimer: ein zerissener Held | Bild: Universal Pictures. All Rights Reserved

Los Alamos in der Wüste von New Mexico. 1943 aus dem Nichts gestampft. Das "Manhattan Project", bei dem in ganz Amerika 150.000 Menschen unter größer Geheimhaltung am Bau der Bombe arbeiteten. Den Ort der ersten Zündung nannten sie: Dreifaltigkeit. Trinity.

"Das erste, das mich fesselte, war die Erkenntnis, dass Los Alamos, dieser Ort, der in der populären Vorstellung weiterlebt und Ursprungsort der Atomwaffen ist, zunächst nur ein Ort war, an dem Oppenheimer und sein Bruder gerne zelten gegangen sind", sagt Nolan. "Ein wunderschöner Ort. Es war ihm ein Anliegen, dass er das alles zusammenbrachte. Aus dieser Beziehung dieses Mannes zu dieser Natur entstand etwas, das uns und die ganze Welt für immer bestimmen sollte. Das ist eine unglaubliche, dramatische Spannung."

Wer macht sich schuldig, wenn die Bombe eingesetzt wird?

Filmstill eines Mannes, der eine Bombe inspiziert
Wer hat die Kontrolle über die Bombe? | Bild: Universal Pictures. All Rights Reserved

Der nukleare Urknall. Nolan findet dafür provozierend schöne Bilder. Es ist auch die Geschichte einer ungleichen Paarung. Der Denker und der General: Leslie R. Groves. Die Atombombe als Sündenfall. Darf die Bombe überhaupt eingesetzt werden? Wer macht sich schuldig dabei? Der Erfinder? Oder derjenige, der den Einsatz befiehlt, US Präsident Truman? "Das ist nur eine der vielen komplizierten Fragen, die seine Geschichte aufwirft", sagt Nolan.

"Die Idee, dass derjenige, der eine Waffe erfunden hat, eine gewisse Kontrolle darüber ausüben sollte, darf als naiv angesehen werden. Es gibt einen wichtigen Moment im Film. Er ist klein, aber wichtig. General Groves hat Oppenheimer zu diesem Projekt gebracht. Nach dem Trinity-Test fragt ihn Oppenheimer: 'Werde ich mit Ihnen nach Washington gehen?' Und er sagt: 'Wozu?' Und in diesem Moment, so wie das Matt Damon und Cillian Murphy spielen, beginnt man zu begreifen, dass die Menschen, die etwas bauen, die beteiligten Wissenschaftler es nicht kontrollieren werden. Bedeutet das, dass sie keine Verantwortung tragen? Ich weiß es nicht. Diese Dinge sind unwägbar, aber es sind sehr interessante Fragen. Und deshalb ist seine Geschichte so dramatisch."

Der Film ist ruhig und intim – ein Justiz-Kammerspiel

Schwarzweißbild eines Mannes im Trenchcoat vor vielen Kameras
Nolan wirft neues Licht auf alles | Bild: Universal Pictures. All Rights Reserved

Die Bombe. Zwischen Physik und Metaphysik. An der Grenze von Mensch und Gott. Diese Grenze hat Christopher Nolan, Regisseur von "Interstellar" und "Inception", immer wieder ausgelotet. Sein "Oppenheimer"-Film ist erstaunlich intim und ruhig geworden, auf langen Strecken Justiz-Kammerspiel, aber mit dem typischen Nolan-Moment am Ende: ein neues Licht auf alles.

FILM
"Oppenheimer"
USA/GB 2023
Regie: Christopher Nolan
jetzt im Kino

Autor: Andreas Krieger

Stand: 23.07.2023 19:39 Uhr

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Bayerischer Rundfunk
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