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Wie Milch wirklich schmecken kann

Ein Mann riecht an einem Glas Milch.
Milchsommelier Bas de Groot beim Milchtasting. | Bild: hr

Milch ist nicht gleich Milch, davon ist der Niederländer Bas de Groot überzeugt. Er hat eine besondere Leidenschaft für Milch – genauer gesagt für Rohmilch. Denn die bietet ein besonderes Geschmackserlebnis: mal schmeckt er einen Himbeerton heraus, mal hat sie eine Mandelnote. Wie Milch schmeckt, ist abhängig von der Rasse, vom Futter, dem Zeitpunkt des Melkens, aber auch von Kuh zu Kuh kann die Milch ganz anders sein.

Jede Milch ist anders

Die Bio-Weidemilch der Jersey-Kühe eines Hofes in Maasland bei Rotterdam findet Bas de Groot derzeit besonders lecker. Milch von Jersey-Kühen hat von Natur aus einen höheren Fettgehalt und ist reicher an Proteinen. Die besonderen Aromen aber sind auf die Tierhaltung und Fütterung zurückzuführen.

Gesundes Futter für die Kühe

Ein Mann steht mit Kräutern in der Hand auf einer Wiese vor grasenden Kühen.
Mehr Kräuter – besser Milch: davon ist Landwirt Roel van Buuren überzeugt. | Bild: hr

Die Kühe auf Hof Landlust stehen fast das ganze Jahr lang auf der Weide. Mehrmals täglich teilt Landwirt Roel van Buuren ihnen ein Stück frisches Weidegras zu, sodass sie sich ihren Speiseplan nach ihren eigenen Bedürfnissen selbst zusammenstellen können. Damit es seinen Kühen gut geht, setzt er auf natürliches Weidegras – angereichert mit Kräutern wie Luzerne, Spitzwegerich und Zichorie – Pflanzen, die jeweils eine ganz eigene gesundheitliche Wirkung haben. Spitzwegerich zum Beispiel enthält viele Tannine, die die Kühe vor Lungenkrankheiten schützen sollen. Oder die Zichorie, die verhindern soll, dass sie von Würmern befallen werden.
Wenn die Kühe frisches Weidegras und Kräuter zu fressen bekommen, hat das auch Einfluss auf die Zusammensetzung der essentiellen Fettsäuren in der Milch. Das wurde in Labor-Messungen nachgewiesen.

Besseres Futter - bessere Milch?

Welchen Einfluss das Futter von Kühen auf Geschmack und Zusammensetzung der Milch hat, haben Wissenschaftler an der Universität Kassel-Witzenhausen untersucht. Sie haben Rohmilch aus Weidehaltung, Rohmilch aus Stallhaltung und H-Milch mit 1,5 Prozent Fett aus dem Supermarkt verglichen und in Blindproben verkostet. In einem Sensorik-Panel waren die Proband:innen in der Lage, die Milch nach Aussehen, Geruch und Aroma zu unterscheiden. Weidemilch wurde oft "blumig-kräutrig" und cremig beschrieben, während Milch von Kühen, die mit Silage und Kraftfutterpellets gefüttert wurden, als einerseits fade, aber auch als säuerlich im Geruch beschrieben wurde. Milch aus dem Supermarkt wurde als wenig aromatisch beschrieben – und je nach Fettgehalt auch als wässrig.

Dass sich Milch sehr unterscheiden kann, macht sich auch in der Farbe bemerkbar: Milch von Kühen aus Stallhaltung ist weiß, Weidemilch hat hingegen einen gelblichen Ton. Das ist auf den hohen Gehalt an Beta-Carotinen im Weidegras zurückzuführen, der direkt in die Milch übergeht.

Nur wenige Kühe stehen auf der Weide

Natürlicherweise fressen Kühe frisches Gras, Kräuter und Klee. Durch dieses Futter können sie genügend Speichel für eine reibungslose Verdauung bilden. Doch die wenigsten Kühe in Deutschland kommen in diesen Genuss. Mehr als 70 Prozent der Kühe in Deutschland stehen das ganze Jahr über im Stall. Dort bekommen sie Silage aus kleingehäckselten Maispflanzen oder Gras, das unter einer Plane milchsauer vergoren wird. Hinzu kommt Kraftfutter, proteinhaltige Pellets aus gepresstem Getreide, Mais, Soja oder Raps, mit dem vor allem die Milchproduktion gesteigert werden soll. Das klappt auch, allerdings wirkt sich diese Art des Futters nachteilig auf das Aroma der Milch und ihre Zusammensetzung aus. Außerdem kann es zu Übersäuerung und Entzündungen, Stoffwechselstörungen und Leberschäden führen.

Gesünderes Futter – gesündere Milch

Milch in Gläsern
Milch schmeckt nicht nur anders – sie sieht je nach Haltung auch anders aus. | Bild: hr

Futterbedingte Aroma-Unterschiede sind nur in Rohmilch zu schmecken. Für die Supermarkt-Milch wird Milch von unterschiedlichen Bauernhöfen gemischt. Außerdem beeinflusst jeder Verarbeitungsschritt das Aroma der Milch, besonders wenn sie ultrahocherhitzt wird. Dann verändern sich die Moleküle in der Milch: Die Milch bekommt ein süßliches Aroma, das von den Wissenschaftler:innen auch als "Kochgeschmack" bezeichnet wird.

Im Weidegras und in den Kräutern stecken jede Menge gesunde Inhaltsstoffe: Antioxidantien, Vitamine und viele gesunde Omega-3-Fettsäuren. Besonders die Omega 3-Fettsäuren sind für den Menschen wertvoll und lebenswichtig, weil der Körper sie nicht selbst bilden kann. Omega-3- Fettsäuren sollen entzündungshemmend wirken, vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen und vor Hautkrankheiten wie Neurodermitis schützen.

Frische Milch aus biologischer Weidehaltung kann also nicht nur sehr viel leckerer schmecken, sie kann für den Menschen auch gesünder sein.

Autorin: Aleksandra van de Pol (HR)

Stand: 19.08.2021 15:30 Uhr

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