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Das Trébuchet - die mächtigste Waffe des Mittelalters

Die Atombombe des Mittelalters – so beschreiben Historiker das Trebuchet, das mittelalterliche Festungen in Schutt und Asche gelegt haben soll.

Erfunden wurde das Trebuchet, in Deutschland auch Tribok genannt, zwischen dem 5. und 3. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung in China. Die Mongolen brachten es dann über die arabische Halbinsel bis in den Mittelmeerraum. Besonders Dschingis Khan soll sich bei seinen Eroberungsfeldzügen des Trebuchets bedient haben.

Leichen als Wurfgeschosse

Dabei waren den Mongolen jede Munition recht: Feuerbälle, Pferde, Grabsteine und sogar Menschen wurden zu Kanonenfutter: Als unter den Mongolen bei der Belagerung von Kaffa auf Krim um 1345 die Pest ausbrach, schleuderten sie Leichen in Städte, um die Belagerten zu infizieren. Die Pest wurde dann von dort über die sizilianische Hafenstadt Messina nach ganz Europa verschleppt und hatte 25 Millionen Tote zur Folge.

Das Trebuchet gilt so nicht ohne Grund als eines der furchterregendesten Kriegsgeräte des Mittelalters. Aber wie effektiv und wie genau feuerte die monströse Schleuder wirklich? Originalzeichnungen haben nicht überlebt und so versuchen Wissenschaftler heute mit Nachbauten die Wirksamkeit der Waffe auf die Probe zu stellen.

Tägliche Demonstration in Warwick

Das größte Trebuchet steht am Schloss von Warwick, in der Region der West Midland, rund 150 Kilometer nordwestlich von London entfernt. Hier lädt Mittelalterexperte Nick Gluw täglich das größte Trebuchet der Welt – nicht nur zur Freude der Zuschauer.

Das Trebuchet ist eine Wippe mit Kraft- und Lastarm. Der kürzere Arm trägt das tonnenschwere Gegengewicht, der längere die Munition. Um das Gewicht nach oben zu kurbeln, müssen vier Mann die mächtigen Spannräder drehen. Sobald Trebuchet-Master Nick die Arretierung löst, fällt das Gegengewicht in die Tiefe und beschleunigt somit die Munition bis auf zweihundert Kilometer pro Stunde.

Ungeheuerliche Präzision

Dabei gelingen Würfe bis zu 300 Meter Weite und das in einer fast unübertroffenen Präzision, die auch Nick Gluw immer wieder erstaunt: "Wir haben schon so gefeuert, dass wie mehrmals hintereinander in das gleiche Loch getroffen haben."

Nick experimentiert mit der Länge der Schlinge. Nick Gluw hat bewiesen, dass sich die Kugel bei einer kürzeren Schlinge später löst und er so den Schuss sehr viel flacher halten kann. Flach genug um mit mehreren Schüssen eine Mauer zu brechen. Allerdings mussten die Angreifer im Mittelalter Geduld beweisen: Sind Nicks Rechnung richtig, so benötigten die Angreifer mindestens 200 Schüsse, bis eine Festungsmauer fiel.

Weitwurf mit Autos und brennenden Ölfässern

Eine weitere Frage ist, ob schwingende Gegengewichte die Schwerkraft effizienter ausnützen als fixierte. Denn wie das Gegengewicht aussehen soll, ist noch umstritten unter Experten: Hew Kennedy hat sich bei seiner Rekonstruktion für ein fixiertes Gegengewicht entschieden. Der pensionierte Waffenexperte gönnte sich auf seinem Landgut in Shropshire ein Trebuchet, mit dem er brennende Ölfässer und alte Autos durch die Luft schleudert. Ein Autoweitwurf im Dienst der Wissenschaft.

Fixiertes oder schwingendes Gegengewicht?

Bei solch riesigen Geschossen könnte dem Trebuchet das fixierte Gegengewicht leicht zum Verhängnis werden. Nick ist überzeugt, dass große Trebuchets nur mit schwingenden Gegengewichten funktionieren: "Ein fixiertes Gewicht fällt in einem Bogen nach unten. Ein schwingendes Gegengewicht aber fällt fast vertikal nach unten und gibt der Munition viel mehr Energie. Außerdem leitet es die verbleibende Energie sicher ab. Ein fixiertes Gewicht schwingt nach dem Wurf von Seite zu Seite, rüttelt die Maschine und zerstört sie."

Hatten die Angreifer im Mittelalter also mit dem schwingenden Gegengewichts-Katapult einen Joker, den sie aus der Ferne einsetzten? So eindeutig war die Gefechtslage anscheinend nicht: Als Burgen auf immer höhere Felsen zogen und Trebuchets auch zur Verteidigung eingesetzt wurden, drehte sich der Spieß im mittelalterlichen Wettrüsten wieder um.

Autorin: Nicoletta Renz
Bearbeitung: Sebastian M. Krämer

Stand: 11.05.2012 13:04 Uhr

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