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"Precision Farming"

Wenn der Bauer morgens auf den Acker fährt, dann spannt er die 500 Pferdestärken vor die Egge.

Mit an Bord sind Computer und Satellitensteuerung. Hier beginnt die Zukunft der Landwirtschaft, Präzisionsackerbau – "Precision Farming" sagen dazu die Experten.

Der Visionär

Mann sitzt im Regiestuhgl auf einem Feld
Er gilt als Visionär der Landwirtschaft: Bernd Dohmen. | Bild: SWR

Bernd Dohmen berät Landwirte beim Einsatz von Precision Farming. Er möchte sie von den Vorteilen moderner Informationstechnologien im Ackerbau überzeugen. Denn noch arbeiten viele Betriebe wie in alten Zeiten: Früher hat der Bauer die Aussaat mehr oder weniger gleichmäßig über das Feld verteilt. Dann haben große Maschinen die Arbeit des Pflügens, der Saat, Düngung oder des Pflanzenschutzes jeden Meter Feld gleich bearbeitet.

doch es geht präziser: mit Hilfe von Mikroelektronik und der Navigationstechnik. Der Bauer kann bis auf wenige Meter genau die Dosierung und die Tiefe ändern.

Felder bestellen von Zuhause aus

In den 80er Jahren wird in den USA "Precision Farming" erfunden: aus Kostengründen. Der Bauer sitzt zu Hause am Steuerpult. Doch damals stehen weder schnelle Computer noch umfangreiche Satellitendaten zur Verfügung. Anfangs wurde je nach Bedarf Kalk auf dem Feld verteilt, um so den pH-Wert des Bodens zu korrigieren.

Inzwischen weiß man, dass die Böden in Mitteleuropa unterschiedlich sind: mal sandig, mal lehmig, an manchen Stellen feuchter, woanders trockener. Die Daten stammen von alten Bodenkarten und von neuen Luft- und Satellitenbildern.

So bedeutet "Precision Farming" bei der Maisaussaat: Das Saatgut wird je nach Bodenqualität eingebracht. Bernd Dohmen gibt mit dem Schlepperfahrer die Mengen ein. Die "schlechten" Flächen bekommen 100 Kilogramm Saatgut pro Hektar, die ertragreichen dagegen 160 Kilogramm. Der Schlepper arbeitet dann nach den Software-Angaben satellitengestützt die eingegebenen Aufgaben ab und legt die vorgegebenen Saatfurchen an.

Große Kosteneinsparung bei großen Feldern

Die Vorteile liegen auf der Hand: Bei steigenden Preisen für Düngemitteln kann man mit "Precision Farming" bis zu zehn Prozent einsparen. Während der Düngung zeigt der Computer dem Fahrer eine digitale Karte mit allen Besonderheiten der jeweiligen Fläche. Diese Daten müssen aber ständig aktualisiert werden. Vor diesem Aufwand scheuen viele Bauern noch zurück.

Umweltfreundlichere Landwirtschaft?

"Precision Farming" wäre eine Möglichkeit, die Landwirtschaft umweltfreundlicher zu betreiben. Beispiel: Pflanzenschutzmittel. In früheren Zeiten wurden damit ganze Landstriche vergiftet. Bernd Dohmen erläutert: "Wir können tatsächlich in ‚Precision Farming’, so unglaublich es klingt, Ökonomie und Ökologie verbinden. Wenn ich weiß, wo ein Pilz in einem Feld wütet, dann könnte ich ganz gezielt ein Pflanzenschutzmittel dort einsetzen. Auf dem Rest des Feldes würde ich das weglassen. Aber ich muss wissen, wo etwas ist. Aber ich muss auch bereit sein, Informationstechnologien überhaupt in meinem Betriebsablauf zu integrieren."

Ähnlich wie bei der Aussaat werden Pflanzenschutzmittel auch nur dort versprüht, wo sie wirklich gebraucht werden. Eine digitale Bedarfskarte zeigt der Maschine, an welchen Stellen im Feld gespritzt wird und wo nicht. Die Landwirte greifen nur ein, wenn bei Pflanzen Mangel an Nährstoffen oder Schädlingsbefall besteht.

Wendepunkt in der Landwirtschaft?

Die Vision geht sogar noch weiter: In Echtzeit werden Satellitenbilder in die Steuerzentrale des Bauernhofes eingespielt. Die Landwirte können dann darauf erkennen, welche Pflanzen gut oder schlecht versorgt sind, welche Wasser und welche zusätzliche Nährstoffe benötigen. Experten erwarten, dass sich diese Form des Wirtschaftens in den nächsten zehn Jahren aus ökonomischen und ökologischen Gründen durchsetzen wird.

Autor: Michael Hänel

Adressen

Prof. Dr. Bernd Dohmen

Hochschule Anhalt (FH)
Fachbereich 1
Strenzfelder Allee 28
D-06406 Bernburg

Tel: 0 34 71 - 3 55 - 11 18
E-Mail: dohmen@loel.hs-anhalt.de

Stand: 22.10.2013 16:01 Uhr

Sendetermin

So., 01.06.08 | 17:03 Uhr
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