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Textilsiegel: Das taugen Grüner Knopf und Co

Kleiderstange mit verschiedensten Textilsiegeln
Weltweit gibt es etwa 100 verschiedene Textilsiegel. | Bild: WDR

Immer mehr Menschen möchten nachhaltige und fair produzierte Mode tragen. Doch sie zu finden, ist schwierig. Dabei gibt es weltweit insgesamt über 100 Textilsiegel. Doch jedes Siegel sagt etwas anderes aus. Wir werfen einen Blick ins Siegelchaos.

Um die verschiedenen Bedeutungen der Siegel zu verstehen, hilft ein Blick auf die einzelnen Produktionsschritte eines Kleidungsstücks. Nehmen wir als Beispiel ein Baumwollshirt. Es beginnt mit dem Baumwollanbau und der Faserproduktion. Hier stellt sich die Frage: Wie fair sind die Arbeitsbedingungen für die Baumwollbauern? Werden Pestizide eingesetzt? Denn etwa zehn Prozent der weltweit eingesetzten Pestizide landen auf Baumwollfeldern zur Textilherstellung. Der zweite Schritt ist das Weben und Spinnen des Stoffes. Entscheidend ist hier: Ist der Stoff am Ende eher aus Naturfasern oder aus synthetischen Fasern? Und sind sie synthetischen Fasern gesundheitlich unbedenklich?

Besonders belastend: Färben und Nähen

Der dritte Schritt in der Produktion ist besonders gefährlich: bleichen und färben des Stoffes. Giftige Farbstoffe, viele Chemikalien und ein hoher Wasserverbrauch gehören hier zur Tagesordnung. Im letzten Schritt wird zugeschnitten und genäht. Das Nähen ist der Brennpunkt der Textilproduktion: Niedriglöhne, Zwangsarbeit, fehlende Arbeitssicherheit, Kinderarbeit – die Liste ist lang. Bis das fertige T-Shirt also bei uns im Kleiderschrank hängt, durchläuft es viele Schritte. Jeder Schritt wird meistens von einem anderen Unternehmen oder Subunternehmen übernommen. Einheitliche Produktionsbedingungen sind daher schwer zu etablieren und auch schwer zu überprüfen.

Welche Textilsiegel gibt es?

Baumwollstrauch, Siegelgrafik und Grüner Knopf zerreißt
Fairtrade Cotton und GOTS prüfen den Baumwollanbau, der grüne Knopf nicht. | Bild: WDR

Grundsätzlich lassen sich Siegel in verschiedene Kategorien einteilen. Es gibt Siegel, die achten darauf, dass das Kleidungsstück ökologisch gut produziert ist. Umwelt und Gesundheit stehen hier im Vordergrund. Bekannte Siegel sind hier zum Beispiel der blaue Engel oder der Oekotex Standard 100 und das Schweizer Siegel Bluesign, bei dem es vor allem um synthetische Fasern geht, die meist in Outdoorkleidung verarbeitet sind.

Dann gibt es Siegel, die auf soziale Aspekte achten – vor allem auf die Belange der Arbeiter. Bekannte Siegel sind hier zum Beispiel Fairtrade Cotton oder die Fair Wear Foundation. Das Problem: Die Siegel – egal ob ökologisch oder sozial – prüfen meist nur einzelne Schritte und/oder Aspekte der Produktionskette. Fairtrade Cotton zum Beispiel überwacht nur den Baumwollanbau, die Fair Wear Foundation vor allem die Belange der Näherinnen.

Kaum ein Textilsiegel deckt die ganze Produktkette ab

Und dann gibt es Siegel, die versuchen die komplette Produktionskette zu überblicken. Sie achten sowohl auf ökologische als auch auf soziale Aspekte, wie zum Beispiel GOTS (Global Organic Textile Standard). Doch auch hier ist noch Luft nach oben, was die sozialen Aspekte angeht. Mindestanforderungen werden erfüllt, mehr aber auch nicht. Das soll sich mit der neuen Version des GOTS ändern. Unternehmen sind dazu aufgefordert, die Lohnlücke zwischen Mindestlohn und existenzsicherndem Lohn zu berechnen. Anschließend sollen Abhilfemaßnahmen ergriffen werden.

 Der "Grüne Knopf" – der Erlöser vom Siegel-Wirrwarr?

Das GOTS-Siegel wird in ein T-Shirt eingenäht
Das GOTS-Siegel achtet auf soziale und ökologische Aspekte. | Bild: WDR

Der Grüne Kopf wurde 2019 von der Bundesregierung eingeführt. Er sollte das Siegelchaos ändern. Als eine Art Übersiegel baut der grüne Knopf auf bestehenden Siegeln auf, um sie zu vereinen. Neu ist, dass er sich nicht nur das Produkt anschaut, sondern das Unternehmen als Ganzes betrachtet. Zum Beispiel wird bewertet, wie sehr sich das Unternehmen bemüht, transparent zu sein. Aber es gibt Kritik: Denn der Grüne Knopf kümmert sich nur um die Hälfte der Produktionskette. Seine Standards fangen erst beim dritten Schritt, dem Färben an. Die vorherigen Schritte lässt er bis jetzt außer Acht. Das Ziel der Bundesregierung ist es jedoch, bald auch alle Arbeitsschritte abzubilden. Bis dahin aber bleibt das Siegelchaos bestehen.

Was hilft wirklich beim Einkauf?

Wer nun wirklich faire und gleichzeitig ökologische Mode kaufen möchte, achtet beim Kauf am besten auf eine Kombination von Siegeln: Das GOTS-Siegel in Verbindung mit der Fair Wear Foundation ist zum Beispiel eine gute Möglichkeit. Wer die beiden Siegel Oekotex Made in Green und Fairtrade Textile Production findet, ist ebenfalls auf der sicheren Seite. Diese Siegel gibt es noch nicht so lange. Sie setzen sich zum Ziel, Transparenz in die gesamte Lieferkette zu bekommen und in allen Schritten sowohl auf ökologische als auch auf soziale Aspekte zu achten. Bis jetzt tragen jedoch nur wenige Textilien diese Siegel. Doch insgesamt ist es schwierig, einen vollständigen transparenten Überblick zu haben. Eine Garantie gibt es fast nie.

Wer beim Shoppen auf ein Siegel stößt und genau wissen möchte, was es bedeutet, kann dei App Siegelklarheit nutzen. Mit dieser App kann das jeweilige Siegel mit der Kamera des Smartphones eingescannt werden und man wird dann automatisch auf die Informationsseite weitergeleitet. Dazu gibt es ebenfalls die Internetseite Siegelklarheit.de.

Autorin: Lena Paul (WDR)

Stand: 11.12.2020 16:41 Uhr

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