Désirée Nosbusch, Mercedes Müller und Rafael Gareisen im Gespräch

Cathrin Blake (Desirée Nosbusch) tröstet die Polizistin Emma Walsh (Mercedes Müller).
Cathrin Blake tröstet die Polizistin Emma Walsh. | Bild: ARD Degeto / Züli Aladag

Worin lag aus Ihrer Sicht der Erfolg der ersten beiden "Irland-Krimis" begründet? Was macht diese Reihe so außergewöhnlich?

Nosbusch: Einen Erfolg im Nachhinein zu analysieren, finde ich immer sehr schwierig. Ich stelle mir das meistens so vor, dass man im richtigen Moment die Zuschauer mit den richtigen Geschichten und Emotionen erreicht und berührt hat. Ich hoffe, ein Grund dafür ist, dass unsere "Irland-Krimis" versuchen, sehr authentisch zu sein und sehr respektvoll und einfühlsam mit dem Land, seinen Menschen und deren Kultur umgehen. Und wie zu jedem guten Krimi gehört natürlich ein spannender Kriminalfall und gute Ermittlerarbeit, damit die Zuschauer auch mitfiebern können.

Müller: Die psychologische Sicht auf die Fälle und die mystische Schönheit Irlands machen den "IrlandKrimi" so besonders. Die Spannung liegt auch darin, dass es nicht nur um den Fall, sondern auch um das Privatleben der Protagonisten geht.

Gareisen: Ich denke, ein großer Teil des Erfolgs liegt in der Spielfreude, die uns als Cast verbindet und die Synergie zu den kreativen Visionen von Zu li Aladag und dem Lichtkünstler Roland Stuprich, der all das in tollen Aufnahmen zusammengeführt hat.

Wie ergeht es Ihrer Rollenfigur in den neuen Filmen? Welche Entwicklung durchläuft sie und was verändert sich?

Nosbusch: In den beiden neuen Filmen hat Cathrin immer noch sehr mit den Dämonen ihrer Vergangenheit zu kämpfen. Die Beziehung zu Paul, ihrem Sohn, verschlechtert sich zusehends, und sie fühlt sich missverstanden und nicht gesehen. Trotzdem versucht sie, ihren Beruf sehr professionell und mit ihrem sehr ausgeprägten Sinn für Intuition und Gerechtigkeit auszuüben. Man spürt jedoch, dass sie über eine sehr dünne Eisschicht geht, die jeden Moment droht, unter ihr durchzubrechen.

Müller: Emma ist ehrgeizig und möchte mehr Verantwortung übernehmen. Nachdem bei einem gemeinsamen Einsatz ihr Kollege erschossen wird, beschäftigt sie sich mit der Schuldfrage und muss einen Weg finden, mit ihrer Trauer und Wut umzugehen.

Gareisen: Der Leitfaden in der psychologischen Entwicklung Paul Blakes ist sicherlich die Traumabewältigung, sein Umgang mit der Vergangenheit und die daraus resultierende Suche nach Identität und Halt.

Beim "Irland-Krimi" spielen auch irische Mythen und Sagen eine Rolle; im dritten Film steht das irisch-keltische Fest "Samhain" im Mittelpunkt. Haben Sie persönlich einen Bezug zu diesem Brauch?

Nosbusch: In der Nacht zum 1. November verschwindet in Galway auf ganz mysteriöse Weise ein junges Mädchen namens Holly. Die Iren feiern in der Nacht "Samhain", ein keltisches Fest, an dem sich die Tore zur Unterwelt öffnen und ihre Bewohner den Lebenden erscheinen, um sich mit ihnen zu verbinden. Ich habe 27 Jahre in Kalifornien gelebt, dort sind auch meine Kinder groß geworden. Los Angeles hat eine sehr große Irische Community und Halloween wird groß gefeiert. Selbstverständlich haben wir auch jedes Jahr zu Halloween Kürbisse ausgehöhlt und geschnitzt, gruselige Masken gebastelt und bemalt und sind dann durch die Straßen unseres Viertels gezogen. Die Süßigkeiten, die man an den verschiedenen Haustüren bekommen hat, haben die Kinder dann glücklich mit nach Hause genommen.

Müller: Der dritte Film beginnt mit dem irisch-keltischen "Samhain-Fest". Es heißt, dass an diesem Tag das Tor in die andere Welt geöffnet ist und man mit Verstorbenen, Geistern und anderen Wesen Kontakt aufnehmen kann. Ich persönlich habe keinen Bezug dazu, finde den Gedanken aber sehr spannend.

Gareisen: Den traditionellen Ursprung des Festes "Samhain" finde ich in seiner Symbolik sehr scho n, verbinde aber mit der heutigen Form von Halloween kaum persönliche Erinnerungen.

Im vierten Film spielt das brutale IRA-Erbe der Insel eine Rolle. Wie haben Sie sich auf die Thematik vorbereitet? Sind das politische Erbe und der Konflikt auch heute noch in Irland sichtbar? Und war das auch Gesprächsthema am Set mit dem irischen Cast?

Nosbusch: Im Vorfeld zu unserem Dreh habe ich mir einige Dokumentationen angesehen und sehr viel über den Terror in der damaligen Zeit gelesen. Ich war zum ersten Mal in Nordirland und habe festgestellt, dass bei den Menschen die Ereignisse von damals noch sehr präsent sind. Die Wunde ist sehr tief, und der Schmerz und die Wut liegen immer noch in der Luft. Mein Fahrer Pat, ein 76-jähriger ehemaliger Polizist aus Galway, wurde, je näher wir an die Grenze zu Nordirland kamen, immer stiller und zittriger. Es ging ihm emotional sichtlich schlecht, und er sagte mir: 'Désirée, ich werde die damaligen Bilder in meinem Leben nie mehr loswerden’. Diese Zäune und Mauern verursachen ein beklemmendes Gefühl – so wie früher, wenn man an der Berliner Mauer stand … Das Thema wurde im Team eher umschifft und nicht darüber gesprochen. Aber oft sagt Sprachlosigkeit ja viel mehr als tausend Worte.

Gareisen: Gerade die heikle Grenzfrage zwischen der Republik- und Nordirland in den Brexit-Verhandlungen macht es durchaus wieder zu einem aktuellen Thema. Es bleibt zu hoffen, dass die erneute innerirische Spaltung keine Riesen weckt. Für Gesprächsstoff mit den irischen Kollegen sorgte dies bei mir allerdings eher abseits der Arbeit.

Neben der spannenden Krimihandlung spielen die eindrucksvollen Aufnahmen der westirischen Küstenlandschaft eine wichtige Rolle. Wie haben Sie die Dreharbeiten in Galway erlebt?

Nosbusch: Es war Liebe auf den ersten Blick. Irland, mit seiner atemberaubenden Natur und mystischen Schönheit und seinen liebevollen Menschen, hat sich gleich in mein Herz gebohrt. Es hat etwas mit mir gemacht, es hat mich positiv verändert. Das Land wird mich nicht mehr los. Der Spaziergang von Salthill nach Galway, entlang des Wassers, war jeden Tag ein Geschenk. Die Schönheit und Magie der Sonnenuntergänge sind nicht zu beschreiben. Die Stimmung im O’Connor's Pub ist einmalig: Da gibt’s ein Bier, irische Live-Musik und obendrauf noch ein Gespräch über den Sinn des Lebens. Dazu natürlich auch ein Zitat von James Joyce.

Müller: Die Dreharbeiten in Galway waren super schön! Es gab ein großes Wiedersehen mit dem irischen Team, und ich habe es sehr genossen, wieder Zeit am Meer zu verbringen. Und ich hatte großen Spaß, die irischen Kollegen spielen zu sehen.

Gareisen: Diese mystische Kraft, die einem auf der grünen Insel begegnet, ist schon atemberaubend. Vor allem, wenn man ein paar freie Tage nutzen kann, um dort entlegenere Teile des Landes zu erkunden. Galway selbst ist eine süße Stadt mit vielen Straßenmusikern, einer herzlichen Atmosphäre und netten Leuten.