Anneke Kim Sarnau als Svenja

Die Hotelmanagerin Svenja (Anneke Kim Sarnau) ist es gewohnt, ihren Willen durchzusetzen.
Die Hotelmanagerin Svenja ist es gewohnt, ihren Willen durchzusetzen. | Bild: ARD Degeto / Sam Oster

Interview mit Anneke Kim Sarnau

Svenja ist auf den ersten Blick eine echte Powerfrau. Doch nicht alles hat sie immer fest im Griff. Wie würden Sie Svenja beschreiben?

Svenja ist definitiv eine Powerfrau, sie kommt gut alleine zurecht und liebt es sicher, relativ unabhängig zu sein. Sie hat sich bisher sehr gut alleine durchs Leben geschlagen. Etwaige Gefühle von Einsamkeit und Sorge hat sie, denke ich, stets erfolgreich unterdrückt beziehungsweise in den Hintergrund schieben können. Ihr Hauptaugenmerk lag immer auf ihrem Job und ihrer Tochter. Sie hat bisher stets für beide entschieden und gehandelt. Die zwei waren jahrelang ein unzertrennliches Team; dass Kira nun langsam flügge wird, rückt bestimmte Dinge in ein anderes Licht und zeigt Svenja, dass sie "ihr Ding" nicht wie gewohnt weiter durchziehen kann, sondern sich konfrontieren muss und unbeantwortete Fragen anschauen muss. Z.B., wie will Kira in Zukunft leben? Ist der bisher gewählte Lebensstil noch gut für ihr Kind? Das ist konfrontativ, aber im Endeffekt liegt darin ja auch eine große Chance für die Beziehung zwischen Mutter und Tochter!

Auswandern in ein weit entferntes Land: Für viele ein großer Traum. Einer, den Sie teilen?

Auswandern war mein großes Ziel, seit ich denken kann und seit ich täglich mit dem Fahrrad bei Gegenwind vom Dorf auf dem platten Land zur Schule in die 20 Minuten entfernte Kleinstadt geradelt bin. Das hat für ein Jahr als Austauschülerin in den USA und fünf Jahre für ein Engagement in Wien geklappt. Näher bin ich dem Wunsch des „Auswanderns“ bisher nicht gekommen. Beruflich und privat bin ich hier zu stark verwurzelt. Dennoch: Das Fernweh bleibt ein Teil von mir!

Australische Wildnis statt Berliner Großstadtdschungel: Waren Sie zum ersten Mal „down under“? Wie haben Sie Land und Leute erlebt?

Ich denke, ich spreche nicht nur mir aus dem Herzen, sondern auch meiner mitgereisten Maskenbildnerin Alexandra Lebedynski, wenn ich sage, dass wir vom ersten Moment an "geflasht" waren, vom Land und von den so unfassbar freundlichen, zugewandten Leuten in Südaustralien. Jede von uns empfand unabhängig voneinander das tiefe Gefühl: "Hier könnte ich, hier würde ich so gerne bleiben!" Wir wurden mit Wärme, Offenheit, mit einem unglaublichen Humor empfangen. Von Menschen, die ein Laid-back-Empfinden innehaben, eine Relaxtheit, ohne dabei ansatzweise unprofessionell zu sein, im Gegenteil. Der Großteil der Crew kam gerade aus großen amerikanischen Filmproduktionen. Die staunten eher über die vergleichsweise wenigen Mittel, die unserem Film zur Verfügung standen und unter welchen knappen Bedingungen wir diesen Film "reinzukloppen" hatten. Auch da half deren entspannte und humorvolle Art enorm! Ein unvergesslich schöner und freudvoller Job!

Dennoch: Auch politisch kulturelle Aspekte sind stark sichtbar und spürbar gewesen. Auch in Australien herrscht ein gewisser Rassismus auf einigen Ebenen. Den Ureinwohnern dieses Kontinents werden weiterhin bestimmte Rechte abgesprochen und Chancen genommen. Entschuldigungen für bereits begangene Gräueltaten und zutiefst traumatisierende Aktionen kamen und kommen schwer bis kaum über die Lippen derer, die das Sprachrohr der Bevölkerung sind.

Die Natur hat mich gefangengenommen, vom Meer bis zum Outback. So viele Extreme: Weite, wunderschöne Strände, herrliches Meer, dennoch stets die Dorsal-App im Blick: Ob an dem Tag irgendwo nahe des ausgesuchten Strandes bestimmte Haie gesichtet wurden. Wir waren anfangs völlig arglos an einem menschenleeren Strand ins Meer gehüpft. Erst später bekamen wir durch die App mit: Dort war an dem Tag ein 2,5 m großer Hai gesichtet worden. Im Outback dann eine sehr intensive, anstrengende, dennoch aufregende Hitze und auch Stille mit abertausenden von Fliegen, die einem permanent im Gesicht kleben oder warnende Schilder am Straßenrand auf den langen Fahrten, dass ab Einbruch der Dunkelheit Kängurus die Straßen überqueren und angefahren werden könnten. Ich hätte gerne die Zeit gehabt, das Land noch viel länger und genauer zu bereisen. Ich war bis kurz nach dem Dreh überzeugt, dass ich dies in naher Zukunft mit meinen Kindern tun würde. Mittlerweile hoffe ich einfach, dass ich irgendwann in meinem Leben noch einmal dorthin zurück kann!

Zwischen Buschbränden und Corona: Wie haben Sie diese Extremsituation während des Drehs erlebt? Wir sind mit großer Empathie und auch Sorge nach Australien geflogen. Wie angespannt sind die australischen Kollegen, wie kompliziert wird es sein, dort zu drehen? Wir haben um die Gegend von Adelaide gedreht. Dort war von den Bränden fast nichts zu spüren. Das war unser persönliches Glück. Natürlich haben sich alle gesorgt um die betroffenen Gegenden, dennoch hat es unseren Dreh nicht beeinflusst. Evtl. hat es uns noch mehr zusammengeschweißt: noch tiefer empfinden lassen, was für ein Glück wir haben. Was für ein Privileg es war oder ist, in diesen Zeiten dort drehen zu können. Arbeit zu haben! Corona war weit weg. Ich hatte einen chinesischen Fahrer, der als Produzent in Melbourne lebte und arbeitete. Seine Freundin, ebenfalls Produzentin, war zum Neujahrsfest nach Wuhan geflogen zu ihrer Familie und saß zu Beginn unseres Drehs seit Wochen dort fest. Nur Anteilnahme an dieser Situation brachte den Fakt Corona näher zu uns. Ansonsten war dieses Virus zu der Zeit noch weit weg. Es war zu dem Zeitpunkt nicht wirklich vorstellbar für mich, dass sich eine weltweite Pandemie im Ausmaß vergleichbar mit der Spanischen Grippe daraus entwickeln würde. Eine Woche nach meiner Rückkehr war dann der Lockdown. Komplett surreal. Die Energie der erlebten Zeit in Down Under, in "Oz"...die trug mich durch die kommenden Wochen nach der Rückkehr.

Was waren Ihre schönsten Eindrücke bei den Dreharbeiten?

Die schönsten Eindrücke waren klischeehaft gesagt das Land, die Wärme, die Leute, in diesem Fall: das Deutsch-Australische Filmteam!! Die Freude, Neugier und Zugewandtheit / Professionalität, mit der wir ein Team waren. Der Humor, der uns täglich so gut trug. Das Geschenk, an dieser Produktion teilnehmen zu dürfen, dadurch diesen schönen, spannenden teils auch so widersprüchlichen Kontinent erleben zu dürfen: Das war und ist das Schönste, unbezahlbar!

Ihr Filmpartner Aaron Pedersen ist Australier. Wie war beim Dreh das deutsch-englische Zusammenspiel?

Mit Aaron zu drehen, war ein absolutes Geschenk! Ich kann nicht ausdrücken, wie dankbar und froh ich bin, dass ER die Rolle des Kalti gespielt hat! Ich hatte mir Mystery Road auf Netflix angeschaut und erinnere, wie wir gebibbert haben, dass er eventuell doch noch absagt. Ich habe selten einen Spielpartner erlebt, der so stark vom Herzen und aus dem Bauch spielt und dennoch genau weiß, was er da tut. Der sehr intuitiv ist, der sein Gegenüber erfühlt und sich komplett öffnet im Spiel. Dadurch wurde es irgendwann fast egal, welche Sprache wir sprachen. Die Subtexte des anderen waren uns jeweils relativ klar! Dennoch: Für Aaron war es sicherlich wesentlich schwerer, genau seine Stichworte zu wissen. Darum sind wir abends unsere Texte durchgegangen, damit er die Worte hört und weiß, wann circa sein Einsatz kommt. Ein toller Kollege, der dem Film sicher noch mehr Tiefe gibt. Leider muss er synchronisiert werden. Das finde ich sehr, sehr schade.

0 Bewertungen
Kommentare
Bewerten

Kommentare

Kommentar hinzufügen

Bitte beachten: Kommentare erscheinen nicht sofort, sondern werden innerhalb von 24 Stunden durch die Redaktion freigeschaltet. Es dürfen keine externen Links, Adressen oder Telefonnummern veröffentlicht werden. Bitte vermeiden Sie aus Datenschutzgründen, Ihre E-Mail-Adresse anzugeben. Fragen zu den Inhalten der Sendung, zur Mediathek oder Wiederholungsterminen richten Sie bitte direkt über das Kontaktformular an die ARD-Zuschauerredaktion: https://hilfe.ard.de/kontakt/. Vielen Dank!

*
*

* Pflichtfeld (bitte geben Sie aus Datenschutzgründen hier nicht Ihre Mailadresse oder Ähnliches ein)

Kommentar abschicken

Ihr Kommentar konnte aus technischen Gründen leider nicht entgegengenommen werden

Kommentar erfolgreich abgegeben. Dieser wird so bald wie möglich geprüft und danach veröffentlicht. Es gelten die Nutzungsbedingungen von DasErste.de.