ALEXANDER SCHEER als Dr. Christiaan Barnard

Geheime Operation: Dr. Barnard (Alexander Scheer, re.) arbeitet mit Krankhausgärtner Hamilton (Loyiso MacDonald).
Geheime Operation: Dr. Barnard arbeitet mit Krankhausgärtner Hamilton. | Bild: ARD Degeto/Producers at Work / Frizzi Kurkhaus

Dr. Barnard verstößt mehrfach gegen Regeln: Heimlich lässt er den schwarzen Klinikgärtner Hamilton Operationen durchführen und setzt einer weißen Patientin gegen die Anordnung der Klinikleitung ein schwarzes Spenderherz ein. Mit welchem Charakter haben wir es hier zu tun?

In erster Linie ist Christiaan Barnard Arzt mit Leib und Seele. Leben zu retten und die Gesundheit seiner PatientInnen zu erhalten haben für ihn oberste Priorität. Im Alter von vier Jahren stirbt sein älterer Bruder an einem angeborenen Herzfehler. Sein Vater, ein protestantischer Pfarrer, predigt für den ärmeren und ausschließlich schwarzen Teil des Heimatstädtchens. Kaum 40-jährig, hochgearbeitet durch enormen Fleiß zum leitenden Arzt der Herzchirurgie des Groote-Schuur-Hospitals und Direktor der chirurgischen Forschungsabteilung, verschreibt er sich voll und ganz dem menschlichen Herzen. Seine Pionierleistungen auf diesem Gebiet sind auch seinem sportiven Ehrgeiz zuzuschreiben. Die Rassentrennung stellt für ihn dabei keine Hürde dar, bei der Rettung von Leben darf die Hautfarbe keine Rolle spielen. Den talentierten Hamilton Naki nimmt er gern in sein Team auf, dass dessen Beitrag geheim gehalten werden muss, nimmt er in Kauf. Wie bei allen guten Rollen ist der Charakter auch hier vielschichtig.

In Barnards Klinik sind – anders als bei seinem Berliner Kollegen Kohlfeld – Frauen gleichberechtigt im Team tätig. Welche Motivation steht dahinter?

Korrekterweise müssten wir sagen: weiße Frauen sind gleichberechtigt in seinem Team. Auch wenn das nicht ganz stimmt. Diese Darstellung ist in unserem Film, wie auch der fiktive Charakter Dr. Kohlfeld, dramaturgisch motiviert. Natürlich gab es in Barnards Team Frauen, hauptsächlich Schwestern, der operierende Teil der Ärzteschaft bis hin zum AnästhesieAssistenten bestand allerdings, wie damals üblich, ausschließlich aus Männern. Die Hierarchien waren klar verteilt. Die vorbereitenden Operationen an unzähligen Hunden und Affen, die der ersten menschlichen Herztransplantation vorangingen und die nicht immer ganz legal waren, hatten das Team allerdings zusammengeschweißt. Alle Beteiligten mussten wie ein Schweizer Uhrwerk zusammenarbeiten.

Für den Chefarzt hat Erfolg oberste Priorität. Ist das ein Phänomen, das aus Ihrer Sicht besonders auf Männer zutrifft oder haben Frauen hier im Zuge der Emanzipation mittlerweile aufgeholt?

Erfolg haben zu wollen ist als menschliche Eigenschaft genderübergreifend. Der strukturelle Sexismus unserer Gesellschaft verhindert allerdings zu großen Teilen weiterhin nicht nur die berufliche Gleichstellung von Frauen; er schließt auch alle von patriarchalen Gesellschaftsstrukturen diskriminierten Personen mit ein, die ihr Geschlecht anders definieren. Bleiben wir in der Medizin: Frauen stellen zwei Drittel aller im medizinischen Bereich überhaupt Tätigen, aber gerade mal zehn Prozent der ärztlichen Führungspositionen sind weiblich besetzt. Ob sie auch genauso gut verdienen, ist nochmal eine andere Frage. Die Wahl zu haben, beruflichen Erfolg in einer Leistungsgesellschaft zur obersten Priorität zu machen, ist zum größten Teil immer noch eine Freiheit der Männer. Hier haben Frauen nichts aufzuholen, hier hat die Gesellschaft gleiche Chancen zu schaffen. Die Frage lautet also eher, ob Männer ihre Erfolgsvorstellungen in Zukunft anzupassen bereit sind.

1994 endete in Südafrika die Rassentrennung. Dennoch ist das Land noch immer geteilt. Welche Erfahrung haben Sie in dem Land gemacht?

Kapstadt habe ich in sehr lebhafter Erinnerung, voller Farben, Rhythmus und Gastlichkeit. Dennoch spürst du den Riss, die koloniale Übernahme. Ich musste, trotz anderer Fallhöhen, an die Gentrifizierung Berlins denken. Deutlicher als in anderen Metropolen ist die Kluft zwischen arm und reich hier eine zwischen schwarz und weiß. Ein Erlebnis stimmte mich jedoch optimistisch: Da spielten zwei Kinder am Strand von Scarborough Beach, sie warfen ein Frisbee hin und her und lachten dabei als gäbe es kein Morgen. Das eine war schwarz, das andere weiß. Dieses Bild werde ich nie vergessen: den jungen Herzen sind alle Menschen gleich …

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