Isabel Braak

Interview mit der Regisseurin

Greta Blaschke (Luise Aschenbrenner) versucht das Leben von Schlüters Tochter zu retten, die keine Luft mehr bekommen hat.
Greta Blaschke ist Rettungssanitäterin und wird zu einem Notfall gerufen. Verzweifelt versucht sie, das Leben von Schlüters Tochter zu retten, die keine Luft mehr bekommen hat. | Bild: MDR/MadeFor / Hardy Spitz

In "Rettung so nah" geht es um Gewalt und Aggressionen gegenüber Rettungskräften. Wie schätzen Sie, nach der Auseinandersetzung mit dem Thema für die Dreharbeiten, die Lage ein?

Das ist eine spannende und gleichzeitig auch schwierige Frage. Natürlich habe ich in der Vorbereitung für den Film mit einigen Rettungskräften gesprochen und Übergriffe bzw. Aggression gegen sie scheinen tatsächlich leider an der Tagesordnung zu sein. Es geht mit kleineren Dingen los. Ein Rettungswagen blockiert zum Beispiel im Rahmen eines Einsatzes die Straße, ein Anwohner hat es eilig, kann aber nicht vorbeifahren. Da fallen sehr schnell böse Beleidigungen. Aber auch die Grenzen zur körperlichen Gewalt werden öfter überschritten. Fahrzeuge sowie Sanitäterinnen und Sanitäter werden beworfen, geschubst, bedroht. Das Thema ist kompliziert, natürlich fragt man sich, woran das liegt. Warum werden ausgerechnet DIE Menschen angegriffen, die anderen HELFEN, das ist total unverständlich. Ich denke, das hat ganz unterschiedliche Ursachen. Viele Menschen stehen unter Druck, haben vielleicht selbst Angst, von ihrem Chef ermahnt zu werden, wenn sie zu spät kommen. Da kann ein Rettungswagen im Weg schon mal das Zünglein an der Waage sein und der Gedanke, dass die Sanitäter vielleicht gerade jemand anderem das Leben retten, ist in dem Moment vielleicht einfach nicht präsent. Gleichzeitig spielen sicher auch Angst und Hilflosigkeit eine Rolle. Schließlich werden Rettungskräfte meistens nur in Extremsituationen gerufen. Manchmal haben Angehörige vielleicht das Gefühl, die Maßnahmen der Sanitäter seien falsch, sie helfen zu wenig oder zu viel, sind zu langsam oder zu schnell. Ich kann mir vorstellen, dass auch das Gefühl von Machtlosigkeit Aggression auslösen kann. Ich muss aber auch sagen, dass es zum Glück nicht nur solche Horrorgeschichten gibt. Ein Großteil der Menschen ist immer noch dankbar und zutiefst gerührt von dem Einsatz und alle Sanitäterinnen und Sanitäter, mit denen ich gesprochen habe, lieben ihren Beruf und könnten sich nichts Besseres vorstellen, als anderen Menschen nach bestem Wissen und Gewissen zu helfen.

"Rettung so nah" ist Ihr erster "Tatort"s. Was war hierbei die besondere Herausforderung im Vergleich zu Ihren bisherigen Projekten?

Ich kann schon sagen, dass es auf jeden Fall auf meiner Bucket-List stand, irgendwann einmal einen "Tatort" zu drehen. Ich meine, schon allein das musikalische Intro ist für mich mit so vielen (Kindheits-) Erinnerungen verbunden. An jedem Sonntag ein neuer, spannender Fall. Familien versammeln sich vor dem Fernseher. Den Tatort kennt ja nun wirklich jeder und mir ist bewusst, dass die Fälle jedes Mal heiß diskutiert werden. Und natürlich wollte ich es gut machen. "Gut" bedeutet für mich, dass ein Film es schafft, die Zuschauerinnen und Zuschauer zu fesseln, zu berühren, zum Nachdenken anzuregen und natürlich auch zu unterhalten. Wenn zumindest einer dieser Faktoren erfüllt ist, bin ich glücklich, am besten natürlich alle zusammen. Das war und ist für mich auch die Herausforderung.

Die Dreharbeiten standen unter einem besonderen Stern – die Pandemie sorgte für eine Drehunterbrechung von mehreren Wochen. Wie haben Sie diese Herausforderung gemeistert und was war besonders knifflig?

Das war auf jeden Fall ein sehr intensiver Dreh. Viele Faktoren waren dabei knifflig. Zum Beispiel, dass wir im Winter mit dem Dreh begonnen haben und die zweite Hälfte dann im Frühling weitergedreht wurde. Plötzlich hat alles geblüht. Was vor einem Monat noch grau war, war jetzt grün und die winterlichen Kostüme unserer Schauspielerinnen und Schauspieler waren auf einmal doch ziemlich warm. Wir hatten einen Hygienebeauftragten am Set, jeden Morgen wurde Fieber gemessen, Corona-Tests gemacht, neue Masken verteilt … Das alles kostet Zeit, die dann natürlich auch irgendwo abgezogen werden muss. Es muss auf Abstände geachtet werden, Szenen im Drehbuch wurden so kreativ wie möglich angepasst, gemeinsam wurde nach Lösungen gesucht. Die Situation war für uns alle neu, aber sie hat uns auch zusammengeschweißt.

Sie sind bisher für Produktionen aus dem Bereich Komödie und Krimi bekannt. Haben Sie ein Lieblings-Genre im Filmbereich? Wenn ja, was fasziniert Sie daran, bezogen auf Ihre Arbeit als Regisseurin?

Was mich bei Filmen und Büchern am meisten fesselt, ist die Psychologie der Figuren. Leidenschaft, Sehnsüchte, Ängste, Abgründe, Wünsche, Verhaltensmuster, vor allem innere Konflikte faszinieren mich. Oft finde ich diese Themen in Deutschland eher bei den Genres Krimi, Thriller oder Drama, zumindest in der tiefen Form, die mich interessiert. Es gibt aber auch wahnsinnig gute Komödien und Dramedys, die diese Aspekte behandeln. Weniger interessieren mich Geschichten, bei denen es vorrangig um die äußere Handlung geht. Letztendlich ist es mir aber egal, um welches Genre es sich handelt. Die Geschichte muss packend sein, die Figuren müssen etwas mit mir machen, dann finde ich sie spannend!

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