Gespräch mit Karin Hanczewski

Johanna (Karin Hanczewski) hat eine Mission und da ist es ihr egal, wessen Gefühle sie mit ihren Offenbarungen verletzt.
Johanna hat eine Mission und da ist es ihr egal, wessen Gefühle sie mit ihren Offenbarungen verletzt. | Bild: SWR/Hager Moss Film / Chrsitian Schulz

»Der neue Freund« konzentriert sich auf drei Figuren, einen Schauplatz und das Verhältnis zwischen Tochter und Mutter, das immer in Bewegung bleibt. Worin sehen Sie den Kern dieser Beziehung?

Johanna fühlt sich von ihrer Mutter nicht gesehen. Ob das stimmt oder nicht, ist nochmal eine andere Sache. Vielleicht möchte sie auch weiter das Kind sein, um das sich Henriette kümmern muss. Sie fühlt sich von ihr nicht ernst genommen und sehnt sich nach der Nähe, Wertschätzung und Liebe ihrer Mutter. Sie wirft ihr vor, unverantwortlich mit der Herzkrankheit des Vaters umgegangen zu sein. Mehr noch, sie wirft Henriette vor, für seinen Tod verantwortlich zu sein. Ich glaube, im Grunde sehnen sich beide danach, von der anderen gesehen und geliebt zu werden. Henriette hat sich bereits mit dem Tod ihres Mannes arrangiert, während Johanna mit etwas abstrusen Mitteln anfängt, um die Aufmerksamkeit und Liebe ihrer Mutter zu kämpfen.

Wir sehen im Film drei Personen, in gewisser Weise ist Johannas Vater aber auch noch anwesend. Konnten Sie die Veränderung im Familiensystem, die durch seinen Tod entstand, gut nachvollziehen?

Ja, sobald sich eine Konstellation ändert, ändern sich oftmals auch die Rollen der beteiligten Personen. Bei Johanna ist das Problem aber gar nicht so sehr die Veränderung im Familiensystem, sondern dass sie ihren Vater nicht losgelassen hat, dass sie sein Verlust immer noch tief schmerzt und sie ihrer Mutter die Schuld dafür gibt, dass er tot ist. Ihr Vater war in der Familie derjenige, der ihr Nähe gegeben und durch den sie sich gesehen gefühlt hat. Nach seinem Tod klafft jetzt eine große Lücke, die Henriette mit ihrer etwas pragmatischen Art nicht füllt. Im Gegenteil, Henriette kauft sich ein schickes teures Haus, verliebt sich in einen jungen Mann und will ihr Leben genießen.

Haben Sie die Dynamik in diesem Verhältnis zu Beginn des Drehs gemeinsam entwickelt? Johanna erlebt ja innerhalb dieser Konstellation weite emotionale Ausschläge, zwischen der bemüht kühlen Ärztin und dem bockigen Kind, das zwischendurch wieder zum Vorschein kommt.

Ich habe mit dem Regisseur Dustin Loose viel über die Figur gesprochen, und wir hatten eine Woche, in der wir das Buch einmal durchgeprobt haben. Das war eine wunderbare Möglichkeit uns ein wenig kennenzulernen und herauszufinden, wohin die Reise im besten Fall gehen sollte…

Gibt so ein konzentrierter Dreh besonders viel Gelegenheit, aufeinander zu reagieren? Wie war die Zusammenarbeit in diesem kleinen Team?

Ich mag kleine Teams sehr gern, es ist meistens konzentrierter und man kann sich leichter begegnen und kennenlernen. Mit Dustin hatte ich bereits einen Tatort gemacht und habe mich sehr über unsere weitere Zusammenarbeit gefreut. Und das tolle Buch von Frédéric Hambalek hat uns einen guten Boden bereitet, auf dem wir uns gegenseitig kreativ entzünden konnten. Was ich im Positiven am herausforderndsten fand, war die Komik gleichzeitig, aber auch die emotionale Tiefe in den einzelnen Momenten auszuloten.

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