SENDETERMIN Sa., 18.07.20 | 16:30 Uhr | Das Erste

Weltspiegel-Reportage: Schweden

Corona und der Traum von Bullerbü

Wer die Möglichkeit hatte, ist schon im Frühjahr aufs Land gezogen, um der Corona-Gefahr zu entgehen. Die alte Brauerei direkt am Dalsland-Kanal gehört Ingela André, die den Landhandel betreibt.
Wer die Möglichkeit hatte, ist schon im Frühjahr aufs Land gezogen, um der Corona-Gefahr zu entgehen. Die alte Brauerei direkt am Dalsland-Kanal gehört Ingela André, die den Landhandel betreibt. | Bild: NDR

Ihren Sommer wollen sich die Schweden trotz Corona nicht nehmen lassen. Im Gegenteil – der Traum von Bullerbü hat größere Anziehungskraft denn je. Der schwedische Corona-Weg hat weltweit für Aufmerksamkeit gesorgt. Es gilt Freiwilligkeit statt Zwang, Schulen, Läden und Restaurants blieben geöffnet. Doch die Anzahl der Toten ist deutlich höher als in den Nachbarländern. Viele Schweden suchen deshalb Zuflucht in ihrem Sommerhaus oder sind froh, rechtzeitig hinaus aufs Land gezogen zu sein. Corona verstärkt einen Trend in Schweden und der heißt: raus aus der Stadt.

Früher eine Brauerei, heute Feriendomizil: Mittsommerfeier bei Familie André in Gustavsfors
Mittsommer in Schweden ist eine Nationaltradition. Die Familie André in Gustavsfors. | Bild: NDR / Daniel Zdolsek

Die schwedische Provinz in Corona-Zeiten

Ingela André ist schon vor mehr als 30 Jahre in die Provinz gezogen. Damals übernahm sie mit 27 Jahren den kleinen Landhandel im Ort Gustavsfors an der Grenze zwischen Dalsland und Värmland. Im Sommer ein Ort für Kanufahrer und Naturliebhaber. Ansonsten echte schwedische Provinz. Jobs sind Mangelware. Dabei war Gustavsfors früher eine Industrie-Hochburg. Doch seit Jahrzehnten befindet sich die Region im Niedergang. Nun aber gibt es neue Hoffnung. Seit die Welt über Corona spricht, hat zumindest Ingela wieder alle Hände voll zu tun. Ihr Laden hat 50 Prozent mehr Umsatz. Plötzlich kaufen die Menschen wieder bei ihr ein, anstatt in den nächsten größeren Ort zu fahren. Sicher ist sicher. Und ihr Mann Nils liefert den Einkauf auch bis an die Haustür. Statt der sonst üblichen 15 Touren muss Nils nun dreimal so viele Haushalte abklappern.

Erzieher Kristoffer und Ehefrau Johanna sind froh, schon vor Corona aufs Land gezogen zu sein. Sie und ihre Kinder brauchen die Freiheit.
Erzieher Kristoffer und Ehefrau Johanna sind froh, schon vor Corona aufs Land gezogen zu sein. Sie und ihre Kinder brauchen die Freiheit. | Bild: NDR

Auch Kristoffer und Lena sind froh, den Schritt aufs Land rechtzeitig gewagt zu haben. Sie sind vor knapp einem Jahr nach Mossviken gezogen. Eine Halbinsel am Västra Silen, in der es heute noch so aussieht wie bei "Michel aus Lönneberga". Der 39-Jährige hat sich zusammen mit seiner Frau Lena ganz bewusst dafür entschieden, die Stadt gegen das Land zu tauschen. Er arbeitet als Erzieher in Bengtsfors. Seine Tochter soll in der Natur groß werden. Die Hektik und die teuren Mieten in der Stadt waren ihm einfach zu viel. "Auch ohne Corona die beste Entscheidung unseres Lebens", sagt Kristoffer. Seit Corona kauft auch er regelmäßig bei Ingela ein, tritt als Musiker im Laden auf und schwört auf den Zusammenhalt, den es auf dem Land gäbe.

Die schwedische Provinz in Corona-Zeiten – eine Reportage von ARD-Skandinavien-Korrespondent Christian Stichler.

Ein Film von Christian Stichler

Stand: 30.09.2020 15:46 Uhr

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