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Flick – zweiteiliger Dokumentarfilm (Teil 2)

Friedrich Flick, 1968
Friedrich Flick, 1968 | Bild: SWR

Noch aus dem Gefängnis in Landsberg heraus beginnt Friedrich Flick 1948 den Kampf um den Erhalt seiner wirtschaftlichen Macht. Als verurteilter Kriegsverbrecher muss er fürchten, enteignet zu werden. Doch durch enge Kontakte zu Politikern und Regierenden, durch "politische Landschaftspflege" mittels Spenden und durch eigenes Verhandlungsgeschick kann er eine Enteignung seiner Betriebe zumindest in den Westzonen, verhindern.

Nach der Haft gelingt es ihm sogar, aus der von den Alliierten verfügten Entflechtung seines Kohle-, Eisen- und Stahlkonzerns ein großes Geschäft zu machen. Mit der ihm eigenen Bereitschaft zur Anpassung verkauft er den Großteil seines Ruhrkohlebesitzes. Mit dem Erlös kauft sich Flick dann in zukunftsträchtige Industrien ein: Automobil, Papier, Chemie, Rüstungsgüter. Schon Ende der fünfziger Jahre ist er einer der reichsten und mächtigsten Familienunternehmer der Bundesrepublik.

Entschädigungszahlungen an ehemalige Zwangsarbeiter lehnt Flick hingegen hartnäckig ab. Zehntausende hatten während des Krieges in seinen Betrieben arbeiten müssen, viele waren gestorben. Verhandlungen über eine Entschädigung früherer jüdischer Zwangsarbeiterinnen lässt Flick jahrelang verschleppen und bricht sie schließlich ganz ab. Stur und selbstgerecht weist er jede Mitverantwortung für NS-Verbrechen zurück und verweigert noch die kleinste humanitäre Geste.

Stattdessen geht Flick daran, den erneuten wirtschaftlichen Aufstieg abzusichern. Seine Söhne, Otto-Ernst und Friedrich Karl, sollen nach dem Willen des Alten das Unternehmen in die nächste Generation führen. Doch immer wieder kommt es zu Auseinandersetzungen. Vor allem Friedrich Flicks Ältester, Otto-Ernst Flick, lehnt sich gegen den Vater auf. Bei der Regelung der Nachfolge versagt Friedrich Flick, weil er die Verantwortung für den Konzern nicht aus der Hand geben kann. Auch fehlt ihm – und seiner Frau Marie – das Vertrauen in die unternehmerischen Fähigkeiten der Söhne.

Otto-Ernst, der die dauernde Bevormundung schließlich nicht mehr erträgt, verklagt seinen Vater 1962 auf Herausgabe des ihm zustehenden geschäftlichen Anteils. Es ist eine Verzweiflungstat, für die Otto-Ernst weder in der Familie noch in der Öffentlichkeit Verständnis findet. Viele werfen ihm Undank und Rücksichtslosigkeit vor. Der Vater schließt Otto-Ernst nun endgültig von der Geschäftsführung aus, und als dessen Klage scheitert, kauft er seinen Ältesten aus der Erbfolge heraus.

Nach dem Tod von Friedrich Flick wird sein jüngster Sohn Friedrich Karl Konzernchef. Aber "FK", wie er intern genannt wird, besitzt bei weitem nicht das kaufmännische Geschick und den unternehmerischen Instinkt des Vaters. Er agiert oft schwach und ängstlich. Die Führung des Konzerns überlässt er lieber seinen Managern, darunter Eberhard von Brauchitsch. Er selbst macht eher mit ausschweifenden Partys in der Münchner Szene auf sich aufmerksam.

1975 baut Friedrich Karl Flick seinen Konzern um. Um die Kinder seines Bruders Otto-Ernst auszahlen und weiter investieren zu können, braucht er Geld. Für knapp zwei Milliarden Mark verkauft er Daimler-Aktien an die Deutsche Bank. Für einen Teil davon beantragt er Steuerbefreiung, weil er den Erlös in Anlagen investieren wolle, die volkswirtschaftlich förderungswürdig seien.

Kritiker sehen darin ein privates Investment, das keine Förderung verdient. Dennoch genehmigt der damalige Wirtschaftsminister Hans Friderichs, FDP, den Deal und erspart Flick mehrere 100 Millionen Mark Steuern. Otto-Graf Lambsdorff, Friderichs Nachfolger im Amt des Wirtschaftsministers, gewährt dem Flick-Konzern weitere Steuerbefreiungen.

Doch dann stellt sich heraus: Flick hatte systematisch an beide Minister und an alle politischen Parteien – die Grünen ausgenommen – üppige Spenden gezahlt. 1982 eröffnet die Bonner Staatsanwaltschaft ein Verfahren gegen Flick, Eberhard von Brauchitsch, Hans Friderichs, Otto Graf Lambsdorff und andere wegen Steuerhinterziehung und wegen Bestechung und Bestechlichkeit. Auch ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss wird eingesetzt. Steuerfahnder und Journalisten decken einen Sumpf von illegalen Spenden, schwarzen Kassen, Steuerhinterziehung und Vetternwirtschaft auf – das Wort von der "gekauften Republik" macht die Runde.

Friedrich Karl, in seiner Sorge, in die mittlerweile nach seiner Familie benannte "Flick-Affäre" persönlich hineingezogen zu werden, entlässt fast die gesamte Management-Spitze. Vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestages erklärt er, von den Vorgängen nichts gewusst zu haben. Eberhard von Brauchitsch nimmt alle Schuld auf sich und erhält eine Bewährungsstrafe – die beiden angeklagten Politiker Lambsdorff und Friderichs kommen mit geringen Geldstrafen davon.

1985 verkauft Friedrich Karl Flick das Gesamtunternehmen an die Deutsche Bank und beendet damit die Geschichte des Konzerns: Der hat damit seinen Gründer nur um anderthalb Jahrzehnte überlebt. Grollend zieht sich Friedrich Karl aus Deutschland ins steuergünstige Österreich zurück und verwaltet sein Geld von dort aus. Als er 2006 stirbt, hinterlässt er seiner Familie ein Milliardenvermögen.

Aber auch danach gerät der Name Flick immer wieder in die Schlagzeilen. 2004 will Friedrich Christian Flick, ein Sohn Otto-Ernst Flicks, seine Sammlung moderner Kunst, die "Flick-Collection" öffentlich ausstellen. Doch auch er weigert sich zuerst, Entschädigung für Zwangsarbeiter zu zahlen. Wieder wird heftig diskutiert, wie die Nachkommen mit der historischen Verantwortung umgehen und welcher Umgang mit dem Flick-Erbe angemessen ist. Diese Diskussion ist bis heute nicht abgeschlossen.

Erstausstrahlung: 07.06.2010

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