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Gegenstimmen und Selbstermächtigung

Beeindruckende Bilder beim Foto-Festival in Arles

Kleine Kinder stehen auf Panzer
Am Sambek Militärhistorischen Museum  | Bild: Patrick Wack

Das südfranzösische Arles ist jedes Jahr der Treffpunkt für Foto-Enthusiasten: Seit über 50 Jahren gibt es die Rencontres de la Photographie, bei denen die Besucher zwischen den zahlreichen Ausstellungen durch die historische Kulisse der Stadt schlendern. In diesem Jahr mit dabei: Patrick Wack mit seiner Fotoserie "Azov Horizons" aus dem russisch-ukrainischen Grenzgebiet. ttt hat den französischen Fotografen in Arles getroffen.

Festival-Entdeckung

Fotos überall! In alten Kirchen, Galerien, an Hauswänden. Ein Bild von Captain America aus Australien ist der Posterboy des diesjährigen Festivals "Rencontres de la Photographie" im südfranzösischen Arles. Er verkörpert das Festival-Motto 2025: "Widerspenstige Bilder". Eine der aufregendsten Festival-Entdeckungen ist der Pariser Fotograf Patrick Wack mit seiner Fotoserie "Azov Horizons". Wack zeigt Bilder von mehreren Reisen ans Asowsches Meer, das Binnenmeer vor der Küste der Hafenstadt Mariupol, wo Russland und die Ukraine aneinandergrenzen. Viele Fotos entstanden zwischen 2019 und 2021, auf der russischen und der ukrainischen Seite.

Porträt Mann mit Bart
Patrick Wack, Fotograf | Bild: WDR

Der Fotograf war fasziniert von der Lichtstimmung an der Küste, den sanften Pastelltönen. "Ich habe eine Region entdeckt, die mich an Kalifornien erinnerte", erzählt er, "sehr warme Bilder, mit milchigem Glanz, die einen einwickeln wie bunte Watte. Dabei kann die Botschaft, die sie transportieren, eine ganz andere sein. Genau das interessiert mich, wenn nämlich Inhalt und Form sich widersprechen." Denn was man auf den Fotos nicht sieht: Im Hinterland wird gekämpft.

Der Krieg spürbar in den Fotos

2022 reist Wack wieder in die Region, jetzt russische Besatzungszone. Überall Propaganda. Der Krieg ist nicht zu sehen, aber latent spürbar, auch auf der Krim. In der Ferne: die berühmte Kertsch-Brücke, immer wieder Ziel von Attentaten. Patrick Wack: "Es war mir wichtig, dass man das kommende Unheil spürt. Ich stellte mir vor, dass unter dem Strand Bomben und Gewalt lauern." Sein roter Faden seien die Strände gewesen, die eigentlich für Sommerferien, für Hitze und Entspannung stünden. Auf seinen Bildern erzählten sie von der Resilienz der Ukrainer, die weiterleben möchten, aber auch von der Unbeschwertheit der Russen, die von Politik nichts wissen wollten und den Krieg ignorierten. "Ich habe ein paar von ihnen auf der russischen Seite fotografiert, als sie badeten und Schlammbäder nahmen, während russische Kampfbomber über unsere Köpfe flogen", berichtet er.

Rätselhafte Momente

Patrick Wack ist Reportagefotograf, arbeitet für Agenturen weltweit, in China, den USA, Bosnien. "Azov Horizons" ist ein persönliches Kunst-Projekt. Er fängt darin Stimmungen ein. Schwebende, poetische Momente, oft rätselhaft. "Einmal hörten wir eine Detonation, eine Rakete war abgeschossen worden, die herunterfallenden Teile verursachten Brände auf den Feldern", so Wack, "da haben wir eine unglaubliche Szene gesehen: Da steht  eine ukrainische Bäuerin, die versucht, das Feuer mit Zweigen zu löschen – ein völlig sinnloses Unterfangen. Trotzdem war es irgendwie schön. Und herzzerreißend."

Widerspenstige Bilder

stehender Mensch vor blauem Himmel
Warakurna Superheroes series, #1, 2017. | Bild: Sullivan+Strumpf. / Tony Albert (Kuku Yalanji)

Das Festival-Motto: "Widerspenstige Bilder" zieht sich durch die wichtigsten Ausstellungen in Arles. Captain America und die anderen Porträtierten in der großen Australien-Schau scheinen zu sagen: Wir zeigen uns genau so, wie wir uns fühlen! Auch die Schau über Brasiliens alternative Foto-Szene handelt von Selbstermächtigung. Menschen mit auffälligen Frisuren und Bemalungen blicken direkt in die Kamera: Voller Stolz! Arles ist 2025 unbedingt einen Besuch wert.  

Autorin: Hilka Sinning

Veranstaltungstipp
Arles 2025: Les Rencontres de la Photographie
Bis 5. Oktober 2025

Stand: 07.08.2025 15:37 Uhr

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So., 10.08.25 | 23:35 Uhr
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Produktion

Westdeutscher Rundfunk
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