So., 30.07.23 | 23:35 Uhr
Das Erste
Techno oder Blasmusik – Meute aus Hamburg vereint beides
MEUTE: Elf Mann, ein Spielmannszug, in bester Tradition. "In der ganzen Popmusik ist ja auch der Spielmannszug eigentlich omnipräsent", findet Thomas Burhorn, Bandleader und Trompeter von MEUTE. Die Beatles seien ein Spielmannszug. Michael Jackson. Jimi Hendrix. Und auch Coldplay. "Alle haben die Jacken – das zieht sich einfach durch die Musikgeschichte", sagt Burhorn. "Und wir kondensieren das Feld nochmal ganz doll und bringen es eben auch mit unseren Instrumenten wieder zurück." "Ja, und König Prinz Charles hat das sogar auch", fügt Snare-Drummer Timon Fenner scherzend an, wobei Burhorn witzelt, dass der es ihnen nachgemacht habe.
Techno mit Pauken und Trompeten
"Auch der längste Marsch beginnt mit dem ersten Schritt", sagt der chinesische Philosoph Laotse. MEUTE haben das erfunden: Techno mit Pauken und Trompeten. Sogar durch die USA sind sie schon viermal getourt, obwohl es dort eine Marching Band an jeder High School gibt. "Im Grunde genommen sind DJs ja heute die Spielmannszug-Menschen, die dafür sorgen, dass die Leute feiern und tanzen können", sagt Burhorn. "DJ ging ja früher noch nicht, weil es noch gar keinen Strom gab. Das hat halt der Spielmannszug gemacht."
Elf Freunde müsst ihr sein. Für jeden Trommel-Tschack, jedes Trött-Trött gibt es einen eigenen Spieler, der seinen Teil endlos wiederholen muss. Selbstaufgabe im Sinne des höheren Ganzen. Wenn sie rauskommen, direkt unters Volk, sind MEUTE am wirkmächtigsten.
Nach der Meinung von Bandleader Burhorn ist Techno Blasmusik. "Die Leute, die Synthesizer gebaut haben, haben ja versucht, andere Instrumente nachzubauen, nämlich ein Sousaphon oder ein Saxofon", erklärt der Bandleader die Idee, "dass wir als Blasmusik versuchen, Leute ja nachzuahmen, die mit elektronischen Instrumenten versuchen, Blasmusik nachzuahmen". MEUTE spielen die Märsche der Jetztzeit, so wird bei ihnen beispielsweise "Sail", im Original eine Indie-Rock-Hymne von Awolnation, zum Dampf-Stampfer.
"Der herrschenden Klasse die Uniform wegnehmen"
Gegründet wird MEUTE 2015. Nach Bauplan zusammengesetzt von Thomas Burhorn. Ihr Kennzeichen: die roten Uniformen, die er auf Ebay gezockt hat. "Das sind tatsächlich Spielmannszug-Jacken von einem Spielmannszug aus Norddeutschland, die die loswerden wollten", erklärt Tenorsaxofonist Sebastian Borkowski. Vom Verein Lundener Spielleute. Die hätten jetzt neue, sagt Burhorn. "Wir sind denen natürlich zu Dank verpflichtet. Die kommen auch wieder zu unseren Konzerten und wir sind freundschaftlich verbunden seitdem."
Tenorsaxofonist Sebastian Borkowski hat sich Extra-Spezialknöpfe mit Anker draufgenäht. Die Kunst der Überschreibung. Die Aufnäher sind ihre Orden. MEUTE zeigen, woraus sie gemacht sind: Kraftwerk. Nirvana. Simpsons. Banksy. "Mit diesen ganzen persönlichen Applikationen, die jeder hat, symbolisieren wirnatürlich auch, dass wir Uniform tragen und trotzdem was anderes machen und freie Menschen sind", erklärt Burhorn. Man könne es auch so interpretieren, "dass wir der herrschenden Klasse die Uniform wegnehmen, wie es ja im Grunde genommen die Karnevalsgesellschaft auch schon früher mit der Politik gemacht hat".
"Politisch, wenn man Leute zusammenbringt"
Dem visuellen Kalauer sind sie nicht abgeneigt. Der Hochkultur aufs Dach steigen, heißt bei ihnen: Sonnenuntergang auf der Elbphilharmonie. Dabei sind sie auf der Straße am besten. So wie in Boston, als sie nach einem Feueralarm beim Konzert einfach vor dem Club weiterspielten. Dabei hätte man sie fast mit der Feuerwehr verwechselt.
Die Uniformen machen die Musiker konform. Und das ist auch die Botschaft: Alle Menschen sind gleich. "In Zeiten, wo sich auch Gesellschaften überall auch immer mehr spalten, ist es natürlich politisch, wenn man Leute zusammenbringt", sagt Burhorn.
MEUTE findet man bei den besten Adressen: bei Festivals wie "Fusion", "jazzopen" und "Coachella", im "Olympia" in Paris oder dem "House of Blues Chicago". Neulich sogar: im Schlosshof von Stuttgart. Der Spielmannszug ist weit gelaufen. Bum-Tschack-Bum.
Autor: Andreas Krieger
Stand: 02.08.2023 10:28 Uhr
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