So., 22.06.25 | 23:20 Uhr
Die schillernde Kunstmesse Art Basel
Wie läuft das Big Business mit der Kunst?
Ein roter Teppich für die Kunst. Wo Millionen fließen – und Kunst auf Kapital trifft. Wo gesehen, gehandelt und gefeiert wird: Die Art Basel ist eine der spektakulärsten Kunstmessen der Welt.
Schon vor den Toren beginnt sie mit einem magenta-weißen Knalleffekt vom deutschen Kunststar Katharina Grosse. Sie hat den Messeplatz in ein monumentales Werk verwandelt. "An dieser Arbeit ist mir total wichtig, dass die Leute sofort reingezogen werden, sofort teilwerden, Komplizenschaft entwickeln, ohne dass sie das überhaupt merken", sagt Grosse. Gelungen. Vergängliche Kunst im öffentlichen Raum – nach der Messe ist sie wieder weg. Aufgesprayt mit einer Farbpistole in einem körperlichen Kraftakt. Die begehbare Farblandschaft heißt "Choir" – ein Chor, der nur vier Tage singen darf.
Katharina Grosse: "Was mich als Malerin ganz besonders beschäftigt, ist, dass ein gemaltes Bild keinen Beginn und kein Ende besitzt. Also: Wo ich angefangen habe, wo aufhöre – ist alles gleichzeitig zusammen. Das ist im Film natürlich so – der fängt an, der hört auf – oder das Buch, das man blättert. Oder eben auch Musik. Und da hat die Malerei eine ganz besondere Fähigkeit, eine Zeiteinheit herzustellen, die mir einen Raum gibt, in dem ich ganz anders denken kann."
Große Werke, große Ideen
Unbegrenzt: die Sektion "Unlimited" – jedes Jahr sehnsüchtig erwartet. Hier zeigen Galerien Werke, die für den normalen Messestand zu groß sind – rein physisch, was aber nicht heißt, dass der Gedanke dahinter nicht auch groß sein darf.
"Die Arbeit von Danh Vo hat mich wahnsinnig begeistert", sagt die Kunstkritikerin Elke Buhr, "weil ich finde, die ist so einfach zu verstehen und trotzdem ein tolles Bild. Das ist ja die amerikanische Flagge in Feuerholz. Das heißt, die amerikanische Demokratie wird langsam verfeuert, wird zerstört. Und dafür ist es ein fantastisches Bild, das gerade extrem aktuell ist." In Basel werden Trends gesetzt. Oder: angeführt von Tretroller und Ochsenkarre gleich die ganze Menschheit auf eine Reise nach Utopia geschickt. "The Voyage: A March to Utopia": die hundert Meter lange Karawane aus philosophischem Sperrmüll vom niederländischen Atelier van Lieshout ist eines der Highlights der Art Basel 2025.
Elke Buhr: "Das macht immer wahnsinnig viel Spaß, diese großen Werke zu sehen. Es ist manchmal so ein bisschen so eine Material-Schlacht, dass man denkt, muss das wirklich sein? Aber dann findet man doch wieder auch Sachen, die so ein bisschen stiller sind." Wie Martin Kippenbergers "U-Bahn-Eingang." Einer der großen Namen, die hier stark vertreten sind.
Kunstmarkt in der Krise
"Ich habe das Gefühl, dass die Art Basel in diesem Jahr ein bisschen konservativer geworden ist, was natürlich auch irgendwie der Weltpolitik folgt", so Buhr. "Es gibt weniger, gerade bei den großen Galerien, diesen Versuch diverser zu werden. Also das heißt, man zieht sich wieder so ein bisschen zurück auf das, was man kennt. Und das hat natürlich damit zu tun, dass insgesamt der Kunstmarkt gerade nicht so optimal läuft."
Ja, die Krisen der Weltpolitik, sie sind auch hier spürbar. Auf den Marktreport von Clare McAndrew sind immer alle sehr gespannt. Doch zuletzt hatte sie keine guten Nachrichten: Der Umsatz ist im vergangenen Jahr um 12 Prozent eingebrochen. "Was den Markt nach der Pandemie wieder angekurbelt hat, war vor allem das obere Preis-Segment – besonders die ultra-zeitgenössische Kunst lief extrem gut", erzählt McAndrew. "Inzwischen hat sich das gedreht: Das Wachstum des Marktes wird in den letzten zwei Jahren ausgerechnet vom oberen Segment gebremst. Bei den ganz hohen Preisen – im neunstelligen Bereich – spürt man mehr Zurückhaltung. Werke über zehn Millionen Dollar werden seltener verkauft. Das war letztes Jahr gut zu sehen. Gleichzeitig gibt es immer noch sehr viel Aktivität im niedrigeren Segment."
Auf die richtige Mischkalkulation kommt es an
Kurz: Die Klassiker wurden – durch Krisen und Kriege – für die Sammler weniger interessant. Erschwinglicheres wurde gehandelt. Befindet sich der Kunstmarkt an einem Wendepunkt? Positiv, negativ? Einer der einflussreichsten Galeristen der Welt, der Deutsch-Amerikaner David Zwirner, ist vorsichtig optimistisch. Er hat hier gerade einen Gerhard Richter verkauft – siebenstellig.
"Die letzten zwei Jahre waren schwierig im Kunstmarkt, die Preise sind zurückgegangen, das Gesamtvolumen ist zurückgegangen", sagt Zwirner. "Die gute Nachricht ist, gestern war hier der erste Tag, das scheint jetzt ein Wendepunkt zu sein. Es war sehr erfolgreich hier, das ist also eine sehr schöne Entwicklung, die wir damit in den Sommer nehmen."
Kult-Galerist Judy Lybke trifft da wohl die goldene Mitte. Er betreut Stars wie Neo Rauch – eines seiner Bilder hat er hier für 360.000 verkauft. Er zeigt aber auch günstigere, junge, aufstrebende Kunst, für die er die Käufer begeistern will. Seine persönliche Mischkalkulation aus Marktstrategie, Riecher, Anspruch und Haltung zur Welt. Lybke: "Das gehört übrigens dazu – ein bisschen Entertainment ist auch wichtig, dann ist das einfach etwas, wo man sagt, ok, ich nehme dich ernst als Gegenüber, ich will dir nicht nur was verkaufen, ich will dir auch eine Geschichte erzählen. Dann zeigt man das, dann kann man sich was vorstellen und plötzlich beginnt es, dass man eine Beziehung vielleicht aufbaut dazu und dann sagt man sich: Okay, gut. So habe ich es noch nicht gesehen."
Doch der Galerist sagt auch: "Eine Galerie braucht nur eine einzige Sache: Künstler und Künstlerin. Und das Vertrauen in die Personen, die man vertritt. Mehr nicht."
Botschaft, Schönheit, Marktwert: all das spielt hier – und bei der Kunst – eine Rolle. Die Art Basel hat in diesem Jahr alle Erwartungen erfüllt.
Beitrag: Sven Waskönig
Stand: 23.06.2025 08:47 Uhr
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