Gespräch mit Soma Pysall

Nasrin Erkmen (Soma Pysall)
Nasrin Erkmen  | Bild: NDR / Christine Schroeder

Nasrin Erkmen wird gespielt von Soma Pysall

Freundschaft ist Nasrin Erkmen schon immer wichtig gewesen. Sie kommt aus einem sozialen Brennpunkt, und da ist es eine Überlebensstrategie, die richtige Freundin zu haben. Sie hat es raus geschafft, ihre Freundin nicht. Nasrin sammelt jetzt als Polizeischülerin Bestnoten und hat neue Freunde. Umso erschütternder fällt ihre Begegnung mit der Vergangenheit aus. Nasrin Erkmen steht unter Druck. Im Alltag lässt sie sich das nicht anmerken, aber wenn sie mal Dampf ablassen muss, zieht sie die Boxhandschuhe an. Meistens hat sie sich unter Kontrolle, nur einmal knallen ihr die Sicherungen durch. Auf einmal gibt ein Kollege beim Rollenspiel den Täter viel zu überzeugend. Blut strömt auf den Boden, Nasrin sitzt in einer Zelle und die Geister der Vergangenheit sind alle wieder da.

Gespräch mit Soma Pysall

»Ich befand mich teilweise in einem emotionalen Tunnel.«

Sie spielen die Polizeischülerin Nasrin, die während einer Übung einen Mitschüler auf brutale Weise tötet. Hat Sie diese Szene erschüttert?

Die Rolle hat mich in dieser Zeit stark mitgenommen. Denn ich habe Nasrin Tat sehr nah an mich herangelassen. Nur so konnte ich diese schreckliche Szene spielen. Nasrin sticht mit einem Schraubenzieher immer und immer wieder auf einen Freund ein. Vor aller Augen. Alles ist voller Blut. Es ist ein Gewaltausbruch, wie ich ihn persönlich überhaupt nicht nachvollziehen kann. Ich musste es irgendwo herholen und befand mich dann teilweise in einem emotionalen Tunnel. Bei Nasrin war ein Trauma aufgebrochen, sie wusste in diesem Moment nicht, was sie tat. Ich habe im Vorfeld Geschichten über Menschen gelesen, die in einem komplett dissoziierten Zustand einen Mord begangen haben. Sie töteten wie im Rausch, ohne nachzudenken. Daran habe ich mich in dieser Szene orientiert. Ich habe mir beim Spielen nicht zugeschaut, ich habe es einfach getan. Im Film geht es dann aber darum, den Gründen der Tat auf die Spur zu kommen.

Haben Sie die meiste Drehzeit im Verhörraum zugebracht?

Ich habe hauptsächlich im Studio gedreht. Neben dem Verhörraum lag Nasrins winzige Gefängniszelle, daneben ihr kleines Krankenhauszimmer. Das ganze Team hat sich in diesen drei Räumen aufgehalten. Es war extrem eng, die Luft war zum Schneiden, man wollte raus ans Tageslicht. Die realen Umstände in den Studioräumen sorgten für eine klaustrophobische Grundstimmung, die ich im Spiel wiederum sehr gut nutzen konnte, da Nasrin in dieser Enge von Wachträumen und Halluzinationen geplagt wird. Räumlich wie seelisch wird sie extrem bedrängt und gezwungen, sich mit den wiederkehrenden Psychosen und unterdrückten Gefühlen der Vergangenheit auseinanderzusetzen.

Axel Milberg spielt Ihren Dozenten an der Polizeischule. Ist er für Sie ein "alter Hase"?

Ich war mir nicht sicher, ob Axel Milberg nach so vielen Jahren noch mit großer Spielfreude ans Set kommen würde. Aber es kam ganz anders. Wir haben ewig lang und voller Begeisterung über unsere Figuren und Szenen geredet. Für ihn ist jeder "Tatort" ein neues, aufregendes Projekt. Er strahlt so viel Freude am Spielen aus. Ich habe viel von ihm gelernt.

Was hat er Ihnen mitgegeben?

Einmal bricht es aus Nasrin schwer heraus. Um an die Emotionen heranzukommen, habe ich die Szene mit Erinnerungen aus meinem privaten Leben verknüpft. Das hat mich so sehr mitgenommen, dass ich am ganzen Körper zu zittern begann und mich nicht mehr auf das Spielen konzentrieren konnte. Da sagte Axel zu mir, ich sollte die Emotionen nicht zu nah an mich herankommen lassen und mit meinen Kräften haushalten. Drehtage sind lang. Es würde mich aussaugen, bei jedem Take ein Bündel an Erinnerungen wachzurufen. Dann meinte er: Im Endeffekt sei das, was ich fühle, nicht unbedingt das, was der Zuschauer auch sieht. Er machte den Vorschlag, die Reaktionen meines Körpers in diesen Situationen genau zu beobachten, um die Prozesse im Spiel mit weniger real empfundenen Emotionen wiederholen zu können. Seine Ratschläge haben mir für den Rest des Drehs sehr geholfen.

Nasrin boxt und ist im Ring erfolgreich. Sind Sie selber Boxerin?

Ich habe einige Monate vor dem Drehstart angefangen, in einer dieser Boxhöhlen intensiv zu trainieren. Das Boxen hat die Art, wie ich mich bewege, wie ich gehe, beeinflusst. Meine Ausstrahlung hat sich in dieser Zeit insgesamt verändert. Ich fand das Training sehr nützlich, um die Figur zu verstehen. Nasrin baut Kraft auf, um sich als Frau und Polizistin in dieser männerdominierten Welt zu behaupten. Sie legt das Mädchenhafte ab, entfernt sich von ihrer besten Freundin und ist nur noch mit ihren drei Kumpels unterwegs.

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