So., 18.05.25 | 23:05 Uhr
Das Erste
"Between the River and the Sea"
Yousef Sweid – christlich-palästinensischer Schauspieler und Tänzer aus Israel zu Gast am Berliner Gorki-Theater
In Israel ist er ein Star, gerade hat er den israelischen Best-Actors-Award für seine Rolle als Therapeut in der Serie "Night Therapy" gewonnen. Auch international wird er häufig in Filmen und Serien besetzt. Das Leben zwischen der arabischen, christlichen und jüdischen Kultur prägt Sweids künstlerische Karriere. Nun tritt er mit einer Solo-Show im Berliner Maxim-Gorki-Theater auf, die dieses "Dazwischen" mit Witz und sehr privat beleuchtet: "Between The River and The Sea" nennt er seine Show in Anlehnung an die antisemitische Parole der Palästinenser. Er verwebt dabei persönliche Anekdoten mit politischer Reflexion – von humorvollen Geschichten über das Leben in Berlin bis hin zu Rückblenden in seine Kindheit als arabisches Kind einer christlichen Familie im jüdischen Kindergarten. Die Show: Ein furioses und aktuelles Statement gegen den Hass, der seine Heimat spaltet. "ttt" hat sich mit Yousef Sweid in Berlin, wo er seit Jahren lebt, getroffen.
Yousef Sweid über Liebe, Trennung und Identität

Manchmal verzweifelt Yousef Sweid: All seine Freunde, jüdische und palästinensische, wünschen sich, dass er sich positioniert, zum Krieg, zu Gaza und Israel. Aber wie soll das gehen? Er ist christlich-palästinensischer Israeli, hat Kinder von jüdisch-israelischen Frauen. Der Hass, der Israel spaltet, ist Teil seines Lebens: "Ich vermisse die Stimme, die den Hass nicht anfeuert. Und ich hatte das Gefühl, solange ich keine Hoffnung habe, möchte ich nichts dazu sagen." Aber jetzt hat er doch ein Stück über sein Leben inmitten des Konflikts geschrieben. Für uns ein Probeneinblick: "Keine Angst, ich rede hier nicht über den Krieg. Ich will über meine Scheidung reden. Meine zweite Scheidung, von meiner zweiten Frau. Einer Jüdin." Der Schauspieler wollte das nie politisch sehen. "Eine jüdische Frau heiraten – ist das politisch? Nein! Ich habe aus Liebe geheiratet. Mir doch egal, was sie ist. Aber für die meisten ist es ein Ding. Also ja, traurig, es ist politisch", so Sweid.
Zwischen den Kulturen: Sweid bringt sein Leben auf die Bühne

Nun hat er dieses "Politikum" auf die Bühne gebracht: Sein Leben. Bibel, Thora, arabische Musik. Damit ist er aufgewachsen zwischen den Kulturen. Aber in Israel leben? Undenkbar jetzt nach dem Massaker der Hamas und dem Krieg. Selbst in Berlin belastet das seine Freundschaften, die Beziehung. "Damals hatten meine Ex-Frau und ich große Diskussionen, Konflikte, ich weiß nicht, ob wir gestritten haben, aber wir haben geweint, weil es so ein Horror war. Manchmal lässt man die Spannung dann an denen aus, die man liebt. Das ist deprimierend", erzählt der Schauspieler.
Der Schauspieler – ein Star in Israel

Aufgewachsen ist Yousef Sweid in einer christlich-arabischen Familie in Haifa, er geht in die Kirche, besucht einen jüdischen Kindergarten. "Stinkender Araber" wird er da mal gerufen – diese Verletzung, das Stigma trägt er lange mit sich. Ein Teenageridol wird er 2009 als Schauspieler, ausgerechnet in der Rolle eines arabischen Sportlers, der sich in ein jüdisches Mädchen verliebt. Mit der israelischen Regisseurin Yael Ronen, seiner ersten Frau und dem gemeinsamen Sohn zieht er 2012 dann nach Berlin. Sie machen Stücke, preisgekrönte Inszenierungen über den Nahostkonflikt. 2015 sogar mit syrischen Schauspielern. Ein kleines Wunder, diese Welt im Berliner Gorki-Theater. Und nun, ganz aktuell ist Yousef Sweid zum besten Schauspieler Israels gekürt worden: Als arabischer Therapeut, der nachts all die Neurosen der gespaltenen israelischen Gesellschaft heilen soll. "Es ist das erste Mal im israelischen Fernsehen, dass es eine arabische Hauptfigur gibt, deren Herkunft nicht problematisiert wird. Das ist neu; ich liebe es wirklich. Es ist da – im Hintergrund. Wir sprechen arabisch – aber wir schämen uns nicht dafür", so Yousef Sweid.
Wenn das Private politisch wird

Die Scham, dieses Leben will er seinen Kindern ersparen. Yousefs 15-jähriger Sohn hat ihn gefragt, ob er ihm erklären könne, woher der Hass komme? Warum dieser Krieg? Warum die Zerstörung? "Wenn du all die schrecklichen Dinge siehst, die verübt wurden! Es ist wirklich hart, nicht wütend zu werden – nicht gewalttätig. Und ich erinnere mich an die Zeiten damals mit Rabin. Es gab so viel Hoffnung. Und Frieden. Man konnte ihn fast anfassen. Es ist so traurig. Ich will nicht weinen, ich spüre schon, wie die Tränen kommen. Einfach traurig. Alles war da und dann alles weg". Und nun: Kann das noch gut gehen im großen Ganzen? Und im Privaten? "Ich weiß schon, was sie sagen: 'Eine arabisch-jüdische Ehe. Klar, kann ja nicht funktionieren!' Ja, wir haben Fehler gemacht, aber wir haben auch geliebt! Wir haben die radikalste Verbindung geschaffen, die es gibt: Gemischte Kinder! Sie haben Menschen dazu gebracht, an ihrem Hass zu zweifeln", Szene aus "Between the River and the Sea".
Sweids Hoffnungen im "Dazwischen"

Das gibt ihm Hoffnung: Seine Kinder haben die Großeltern verändert. Die jüdische Großmutter hat erlebt, wie ihr "arabisch" aussehender Enkel in Israel diskriminiert wird. Es macht sie wütend. Und Yousefs palästinensischer Vater denkt nun wegen der Enkel weniger radikal … "Ich hoffe, dass sich künftig alle mischen. Sie sollen alle Sex haben und gemischte Kinder. Dann hat sich das erledigt, der Rassismus. Endlich", so Yousef Sweid.
Autorin: Petra Dorrmann
Stand: 18.05.2025 21:38 Uhr
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