Brigitte Karner als Cèlia Gomez

Kommissarin Fina Valent (Anne Schäfer, li.) und ihr Partner Xavi Bonet (Clemens Schick, re.) ermitteln gemeinsam in Barcelona.
Kommissarin Fina Valent und ihr Partner Xavi Bonet ermitteln gemeinsam in Barcelona. | Bild: ARD Degeto / Lucia Faraig

Frau Karner, Cèlia gehört zu den Frauen, deren Baby während der Franco-Diktatur gestohlen wurde. Wie bereitet man sich auf eine solche Rolle vor?

Als ich das Angebot erhalten habe, war ich entsetzt über solch eine Situation. Man wusste über solche Fälle in Argentinien, und ich habe mich dann über dieses Thema genauer informiert. Es gibt eine Unzahl von Fällen, in denen Frauen wahnsinnig oft reingelegt worden sind. Was haben Frauen nicht schon alles erleiden müssen? Die Nonnen haben damals mitgemacht, sie haben Frauen belogen und ihnen ihre Kinder genommen. Ich war entsetzt, dass der Mensch dem Menschen das antun kann. Männer und Frauen brauchen Mütter. Aber Männer können sich aus dem Spiel ziehen, und die Frauen bleiben allein zurück, schwanger. Ein kurzes Leben so zu verbringen, ist wirklich schlimm. Deswegen war es mir eine Ehre, die Rolle zu spielen, und ich habe es sehr gern gemacht.

Die Vorbereitung auf diese Rolle war geprägt von meinen persönlichen Erfahrungen. Zu dem Zeitpunkt, als das Rollenangebot kam, habe ich meinen verstorbenen Ehemann, Peter Simonischek, betreut. Er hat mir geraten, die Rolle anzunehmen, obwohl ich ihn nicht allein lassen wollte. Den Schmerz, die Verzweiflung und die Traurigkeit habe ich gespürt und in der Rolle verarbeiten können.

Wie lässt sich Cèlia beschreiben? Wie stark hat der Verlust ihres Kindes ihr Leben geprägt?

Cèlia ist eine kleine, starke Klavierlehrerin. Ich sage immer, sie ist klein, obwohl ich das selbst nicht bin; aber sie erinnert mich an meine eigene Klavierlehrerin, die klein und stark war. Musik und Kunst lösen immer etwas aus, sie machen sensibel. Und als Cèlia schwanger wurde, war sie wahrscheinlich schon Klavierlehrerin, und das hat sie stark gemacht. Ich glaube, sie hätte es geschafft, das Kind allein zu kriegen, es groß zu ziehen und Klavierspielen zu unterrichten. Sie war ziemlich aufgeweckt, nicht alle Frauen waren das, aber sie hat ihr Leben lang nach ihrem Kind gesucht. Meine Klavierlehrerin war sehr zukunftsorientiert, und Cèlia ist das auch. Sie hat ein Labor aufgesucht und Proben abgegeben, in der Hoffnung, so ihr Kind wieder zu finden. 40 Jahre später ist genau das passiert. Ich denke, dass das ein Moment der absoluten Glückseligkeit für sie war, ihr Kind wiedergefunden zu haben. Es wäre auch das Schönste für sie gewesen, ihre Tochter am Ende zu retten und zu beschützen; es wäre eine Art der Wiedergutmachung für sie gewesen.

Haben Sie sich im Vorfeld mit dem historischen Bezug des Films auseinandergesetzt? Wie wichtig ist, finden Sie, die Bewusstmachung und Aufarbeitung von solchen Themen in der heutigen Gesellschaft?

Ich war mir bewusst über dieses Thema, vor allem darüber, dass das auch in Argentinien passiert ist. Also ja. Die Bewusstmachung und Aufarbeitung ist wichtig. Natürlich muss man sich aber auch fragen, wie und in welchem Ausmaß, das zur heutigen Zeit aufgenommen wird; bedenkt man die aktuellen Ereignisse in der Welt.

In „Totgeschwiegen“ stehen starke Frauen im Mittelpunkt, die bereits auf ihre erste Lebenshälfte voller Erfahrungen zurückblicken können. Wie wichtig ist die Darstellung dieser Frauen in Filmen, und was muss sich hier vielleicht noch ändern?

Frauenrollen sind immer gut! Vor allem, wenn es eine gute Rolle ist. Es ist ein Geschenk des Berufs, unterschiedliche Frauenrollen spielen zu dürfen.

An welche Begebenheit, welche Begegnung während der Dreharbeiten werden Sie sich noch lange erinnern?

Andreas Herzog war großartig! Ich war dankbar für die Rolle. Sie war in der Zeit ein Anker für mich, in der ich meinen eigenen Schmerz verarbeiten konnte.