Catrin Lüth & Florian Hanig

Drehbuch

Kommissarin Fina Valent (Anne Schäfer, li.) und ihr Partner Xavi Bonet (Clemens Schick, re.) ermitteln gemeinsam in Barcelona.
Kommissarin Fina Valent und ihr Partner Xavi Bonet ermitteln gemeinsam in Barcelona. | Bild: ARD Degeto / Lucia Faraig

Frau Lüth, Herr Hanig, in den beiden neuen BARCELONA-KRIMIS verhandeln Sie u.a. ein historisches Thema. Wie sind Sie auf diesen Stoff gestoßen?

Catrin Lüth: Wir hatten von spanischen Bekannten schon vor Jahren von den „ninos robados“ gehört, den geraubten Kindern: Unverheirateten oder politisch unbequemen Frauen wurden in der Franco-Diktatur die Kinder gleich nach der Geburt weggenommen. Und diese Kinder wurden dann an konservative, bürgerliche Familien verkauft. Florian Hanig: Eine Reportage in der New York Times hat dem Leid der Frauen dann ein Gesicht gegeben. Und je mehr wir recherchiert haben, umso größer und bewegender wurde das Thema. Inzwischen gibt es auch einige Dutzend Kinder in Spanien, die ihre tatsächlichen Eltern ausfindig machen konnten. Aber sie haben bislang weder eine Entschuldigung erhalten – noch wurde bislang irgendjemand für diese Verbrechen bestraft.

Wie wichtig sind historische und gesellschaftspolitische Bezüge im BarcelonaKrimi?

Florian Hanig: Im Vordergrund steht natürlich, eine spannende Geschichte zu erzählen, aber wenn man die genauso gut in München oder Berlin verorten könnte, dann wäre Barcelona nur eine Postkarte. Catrin Lüth: Wir haben mit vielen Leuten vor Ort gesprochen, unter anderem mit einem Historiker und einer Crime-Reporterin, damit wir die Geschichten eben aus Barcelona heraus erzählen können und sie der Stadt nicht einfach überstülpen.

Worauf haben Sie bei der Zeichnung der Charaktere ihr größtes Augenmerk gelegt? Bedienen Sie sich dabei auch im privaten Umfeld, oder sind alle Figuren und Beziehungen rein fiktiver Natur?

Catrin Lüth: Das kann man nie so genau auseinanderhalten, Figuren entstehen natürlich aus persönlichen Begegnungen, aber auch aus Biografien, die uns in der Presse, in Interviews und Dokus begegnen. Wichtig beim Film über die gestohlenen Kinder war uns, verschiedene Schicksale lebendig werden zu lassen. Also haben wir Figuren entworfen, die zwar Ähnliches erlebt haben, aber sehr unterschiedlich damit umgegangen sind. Florian Hanig: Bei der Figurenführung prüfen wir immer, ob das Verhalten aus dem Inneren der Figur kommt, oder nur dem Plot geschuldet ist. Dafür müssen wir uns auch auf die Recherche verlassen, denn so viele Mörder gibt es auch bei uns nicht im Bekanntenkreis!

Die beiden neuen Filme sind intensiv, dramatisch und menschlich. Welche Szene hat Sie beim Schreiben emotional besonders berührt?

Florian Hanig: Wir haben sehr für die Szenen mit den Müttern gekämpft, die im Bus fahren und ihre Geschichten erzählen. Das sind alles authentische Geschichten, echte Schicksale. Und dieser „griechische Chor“ spiegelt die tiefe Wunde, die in der spanischen Gesellschaft klafft. Catrin Lüth: Mich haben in „Totgeschwiegen“ die Szenen mit Carmen sehr berührt. Eine Frau, die Busfahrerin in Barcelona geworden ist, in der Hoffnung, dass eines Tages ihr gestohlener Sohn einsteigen würde und sie sich erkennen würden. Aber auch in „Absturz“ gibt es starke Szenen, zum Beispiel die Vernehmung von Juliette, einem Teenager-Mädchen, das für sich einsteht und sich gegen schnelle Urteile von Erwachsenen wehrt. Fina erkennt diese Stärke in dem Mädchen.

Wie würden Sie die Energie zwischen Xavi und Fina beschreiben? Worin liegt das Geheimnis dieses Ermittlerteams?

Catrin Lüth: Die Beiden sind zwei einsame Wölfe, die nicht viele Worte brauchen, um sich zu verstehen … Florian Hanig: … die aber unter ihrer coolen Schale auch verwundbar und sensibel sind.

Was ist aus Ihrer Sicht die Essenz der beiden neuen Barcelona-Krimis, und was macht die Reihe so besonders?

Florian Hanig: Für mich spielt Barcelona die eigentliche Hauptrolle in diesen Filmen: diese funkelnde geheimnisvolle Stadt am Meer, in der Ekstase und Tod, Gosse und Gold so eng beieinander liegen. Catrin Lüth: Die Essenz der Reihe ist ihr Mut, mit voller Lust ganz unterschiedliche Temperaturen und Welten zu erzählen. „Totgeschwiegen“ ist düster, blutig und spielt in Kirchen und im Kloster. Bei „Absturz“ tauchen wir in die mediterrane Clubszene ein, aus einer Begegnung mit alten Freunden entwickelt sich ein mörderisches Katz- und Mausspiel mit rasantem Tempo.