Statement des Regisseurs Sven Bohse

Szene aus dem Film: Mitarbeiter der CIA beim Kopieren geheimer Stasiunterlagen.
Szene aus dem Film: Mitarbeiter der CIA beim Kopieren geheimer Stasiunterlagen. | Bild: rbb/ARD / Volker Roloff

»Es hat mich interessiert, den Mauerfall und seine Auswirkungen aus der Perspektive einer ostdeutschen Spionin zu erzählen, deren Existenz durch die politischen Umwälzungen ins Wanken gerät. Die Geschichte ist eine gelungene Mischung aus Drama und Agententhriller und war inszenatorisch wie gestalterisch eine reizvolle Aufgabe.

Natürlich habe ich selbst noch die Bilder von feiernden, glücklichen Menschen am Abend des 9. Novembers im Kopf. Und selbst wenn ich damals noch recht jung war, kann ich mich erinnern, wie sehr mich die unglaubliche Dimension der Ereignisse auch emotional berührt hat. Mir blieb der Mauerfall als kollektives Glücksgefühl im Gedächtnis. Umso interessanter fand ich es, dass bei 'Wendezeit' weniger die Freude und die Hoffnung auf Freiheit und mehr Demokratie im Mittelpunkt stehen, sondern die Angst, alles zu verlieren.

Mit den Figuren werden die unterschiedlichen Wahrnehmungen der friedlichen Revolution und ihrer Folgen erzählt. Statt Glücksgefühl herrschte in bestimmten Kreisen eine kollektive Angst vor der Zukunft, begleitet von der Frage, welchen Preis man bezahlt hat, um das DDR-Regime zu erhalten.

Mein Vater ist in der DDR aufgewachsen, kam mit 14 Jahren in die Bundesrepublik und wurde Zeit seines Lebens immer wieder mit Ablehnung seiner politischen Einstellung konfrontiert, die von einer glücklichen Kindheit im Sozialismus geprägt wurde. Die Verschlechterung der politischen und wirtschaftlichen Lage hat er jedoch nur noch aus Westdeutschland verfolgt. Ich habe mir oft die Frage gestellt, wie er über die DDR gedacht hätte, wenn er dort geblieben wäre.

Einen ähnlichen Konflikt hat auch die Hauptfigur Saskia: Eine junge Frau, für den Klassenkampf trainiert und ideologisch entsprechend indoktriniert, baut sich eine falsche Identität als Mutter in einer westdeutschen, bürgerlichen Familie auf. Sie nutzt das Private als Tarnung für ihre Agententätigkeiten. Durch den drohenden Zusammenbruch des DDR-Regimes wird sie damit konfrontiert, wie sehr diese Familie zu ihrem eigentlichen Lebensinhalt geworden ist. Das Private ist längst wichtiger als das Politische geworden und muss von ihr verteidigt werden. Dass ihr dies am Ende nur unter Anwendung der Wahrheit gelingt, ist für mich ein schönes Gleichnis, wenn es um die Methoden von Machtsicherung geht, die oft auf Lügen aufbauen.

Die Welt der Geheimdienste, mit kalten Kriegern auf beiden Seiten der Mauer, war für mich eine spannende Kulisse, in der ich diese Geschichte als dramatischen Thriller mit allen Facetten des Agentenfilms inszenieren durfte. Dank großartiger Schauspieler, einer intensiven Drehbuchentwicklung, hervorragender Produktionsbedingungen und einem wunderbaren Team aus alten und neuen Weggefährten konnte ich diesen Film auf einem sehr hohen Niveau realisieren.«