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Service: Nahrungsergänzungsmittel

mit Eva Zovko, Ernährungswissenschaftlerin, Bundesamt für Ernährung

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Service: Nahrungsergänzungsmittel | Video verfügbar bis 13.04.2025 | Bild: WDR

In Deutschland geben Verbraucher jährlich mehr als eine Milliarde Euro für Nahrungsergänzungsmittel aus. Dabei sind die meisten Säfte, Kapseln, Pülverchen oder Tabletten nutzlos, jedenfalls für normal ernährte Menschen. Schlimmstenfalls können die oft überdosierten Präparate sogar schaden. Was viele nicht wissen: Nahrungsergänzungsmittel sind rechtlich gesehen Lebensmittel und müssen im Gegensatz zu Arzneien keinen Wirkungsnachweis erbringen. Wer Vitamine in Pillenform schluckt, muss wissen: Ein Zuviel an Vitaminen – vor allem bei den fettlöslichen Vitaminen wie A, D und E kann gesundheitsschädlich sein.

Vitamine A, D, E, C und B6

Wichtig für den menschlichen Körper sind die Vitamine A, D, E, C und B6.

• Die Vitamine A und E helfen dabei die Abwehrkräfte zu steigern. Enthalten ist die Vorform, das Provitamin A oder auch Betacarotin bekanntermaßen in Karotten, aber auch in anderen gelb-orangefarbigen Gemüsen, Milchprodukten und Eigelb.

• Das Vitamin B6 ist zum Beispiel in Getreiden, Nüssen, Avocados, Bananen, Fisch, Fleisch oder Hefe enthalten. B6 ist Bestandteil verschiedener Stoffwechselvorgänge und wichtig für das normale Funktionieren von Nerven und Immunsystem.

• Dem Vitamin C (Ascorbinsäure) das in Früchten, Paprika, Hagebutten, Sanddorn oder Kohl enthalten ist, wird nachgesagt, dass es vor Erkältungen schützt. Inzwischen wurde nachgewiesen, dass eine zusätzliche Zufuhr nicht schützend wirkt, aber die Dauer der Erkrankung um etwa einen halben Tag verkürzen kann. Im Prinzip ist Vitamin C aber ein Tausendsassa. Es kann z.B. zu einer normalen Kollagenbildung beitragen und für eine normale Funktion der Blutgefäße, der Knochen, der Knorpel, des Zahnfleischs, der Haut, der Zähne, des Nervensystems und für einen normalen Energiestoffwechsel sorgen. Und es ist eines der Vitamine, mit dem wir mehr als bestens versorgt sind. Trotzdem wird es am häufigsten zusätzlich konsumiert und angereichert.

Vitamin D ist zurzeit ein echtes Modevitamin, weil ihm die verschiedensten krankheitsvorbeugenden Eigenschaften zugesprochen werden, ohne dass es dafür letztendliche Belege gäbe. Die Wissenschaftler streiten darüber, ob ein Vitamin-D-Mangel Krebs, Diabetes oder Herz-Kreislaufkrankheiten auslösen kann - oder ob der Mangel eine Folge der Erkrankung ist. Vitamin D ist zwar nur in wenigen Lebensmitteln wie Butter, Fisch, Ei oder Pilzen enthalten, kann aber vom Körper mit Hilfe von Sonnenlicht selber gebildet und für die sonnenarmen Wintermonate gespeichert werden. Diese Fähigkeit lässt im Alter nach, so dass vor allem Hochbetagte ein entsprechendes Nahrungsergänzungsmittel, ggf. in Kombination mit Calcium und in Rücksprache mit dem Arzt, einnehmen sollten. Vitamin D fördert die Aufnahme von Calcium. Bei ausgewogener Ernährung und ausreichend Tageslicht gibt es keinen Grund, das Vitamin durch eine Tablette aufzunehmen.

Vitamin E ist vor allem in Pflanzenölen, Nüssen, Samen, Streichfetten, Gemüsen wie Grünkohl oder Spinat, Vollkorngetreiden und Eigelb enthalten. Vitamin E trägt dazu bei, die Zellen vor oxidativem Stress zu schützen.

Omega-3-Fettsäuren

Omega-3-Fettsäuren sind eine besondere Gruppe von Fettsäuren, die unser Organismus braucht. Vor allem in fetten Meeresfischen wie Makrele, Hering oder Lachs sind diese Fettsäuren reichlich zu finden. Das gilt vor allem für Wildfisch, nicht immer auch für Fisch aus Aquakulturen. Aber auch in Milch und Butter von echten Weidekühen findet man hohe Konzentrationen von Omega-3-Fettsäuren. Außerdem gibt es Omega-3-Fettsäuren in Leinsamen, Rapsöl und Nüssen. Wer ein bis zweimal pro Woche Fisch aus der Meeres-Apotheke isst, ist auf jeden Fall besser beraten als mit Omega-3 in Tablettenform.

Coenzym Q 10

Coenzym Q 10 gilt als Kassenschlager unter den Nahrungsergänzungsmitteln. In der Mund-zu-Mund-Propaganda hält sich hartnäckig das Gerücht, Q10 sei ein wahrer Jungbrunnen, es könnte das Cholesterin im Blut senken sowie vor Herz- und Krebserkrankungen schützen bzw. diese heilen, die Leistungsfähigkeit steigern und die Abwehrkräfte stärken. Belege dafür gibt es keine, entsprechende Werbeaussagen sind nicht erlaubt.
Q 10 ( auch als Ubichinon bekannt) wird vom Körper selber gebildet und kommt auch in der Nahrung z.B. in Geflügel, Hülsenfrüchten, Soja , pflanzlichen Ölen und Nüssen in ausreichender Menge vor. Bei der Einnahme von Q 10 in Kapselform (Nahrungsergänzungsmittel) sollten laut Bundesinstitut für Risikobewertung nicht mehr als 30 Milligramm pro Tag genommen werden. Allerdings überschreiten die meisten Präparate diese Menge häufig um mehr als das Dreifache.

Achtung: Q10 kann die Behandlung mit Vitamin K-Antagonisten („Blutverdünner“ wie Marcumar) negativ beeinflussen. Vor der Verwendung also unbedingt Rücksprache mit dem Arzt halten. Ein therapeutischer Einsatz von Q10 durch den Arzt bei bestimmten Erkrankungen bleibt unbenommen.

Magnesium

Magnesium soll angeblich vor Stress schützen, weil es die Ausschüttung der Stresshormone Adrenalin und Noradrenalin verhindert. Tatsächlich trägt Magnesium zur Verringerung von Müdigkeit sowie zu einer normalen Funktion des Nervensystems und der Muskelfunktion bei. Allerdings nehmen wir, sofern wir uns nicht einseitig ernähren oder krank sind, genügend Magnesium über die Nahrung auf. Konsumieren wir zu viel davon, zum Beispiel über Nahrungsergänzungsmittel, führt das zunächst einmal zu Durchfall, kann aber auch zu Eisenmangel führen. Andersherum kann zu viel Zink, Vitamin D oder Calcium auch die Magnesiumaufnahme negativ beeinflussen. Auch zu viel Zink kann den Mineralstoffhaushalt durcheinander wirbeln, die Aufnahme und Speicherung von Eisen reduzieren, und zu Kupfermangel führen.

Calcium

Calcium ist u.a. wichtig für den Knochenstoffwechsel und wirkt - sofern ein Mangel besteht – einer Osteoporose entgegen. Zahlreiche Produkte auf dem Markt bedienen diese Angst vor Osteoporose. Dabei erhöht zu viel Calcium wahrscheinlich sogar das Risiko für einen Herzinfarkt – zumindest ab einer täglichen Gesamtzufuhr von über 1.000 mg. Das zeigte sich in insgesamt mehr als 15 Studien aus Amerika und Neuseeland. Demnach hatten ältere Personen, die mehr als 500 Milligramm Calcium pro Tag in Form von Supplementen schluckten, eine dreißig Prozent höhere Wahrscheinlichkeit für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall.

Eisen

Eisenmangel ist weit verbreitet. Der Stoff kann aber auch über Nahrung aufgenommen werden. Besonders viel Eisen ist in Fleisch. Aber auch mit Haferflocken, Kürbiskernen, Sesam und Hülsenfrüchten, bekommt unser Körper das Spurenelement.

Es geht auch ohne Pillen

Eine ausgewogene Ernährung ist einer der Grundpfeiler für den Erhalt der Gesundheit. Natürlich sind ausreichender Schlaf und Entspannung, eine ausreichende Trinkmenge, ausreichend Bewegung und der Verzicht auf Giftstoffe, wie Nikotin und Alkohol, nicht minder bedeutsam.

Wechselwirkung mit Medikamenten

Ganz wichtig: Wer chronisch krank ist und/oder regelmäßig Medikamente einnimmt, sollte unbedingt vor der Verwendung von Nahrungsergänzungsmitteln, egal ob Haifischflossenpulver, Korallenmehl, Q10-Ampullen, Grünteeextrakt oder Magnesium-Brausetabletten mit dem Arzt und/oder Apotheker Rücksprache halten, da Wechselwirkungen mit den Arzneimitteln oder Veränderungen der Laborwerte nicht auszuschließen sind. Häufig genügt es dann schon, zeitlichen Abstand einzuhalten, um diese Reaktionen auszuschließen.

Weitere Informationen

• WDR, Planet Wissen: Nahrungsergänzungsmittel – sinnvoll, unnötig oder gefährlich?
https://www1.wdr.de/mediathek/video/sendungen/planet-wissen-wdr/video-nahrungsergaenzungsmittel--sinnvoll-unnoetig-oder-sogar-gefaehrlich-100.amp

• WDR, Servicezeit – Nahrungsergänzung
https://www1.wdr.de/radio/wdr2/themen/servicezeit/nahrungsergaenzung-100.html

• NDR, Ratgeber – Nahrungsergänzung: Gefahr durch Überdosierung
https://www.ndr.de/ratgeber/verbraucher/Nahrungsergaenzung-Gefahr-durch-Ueberdosierung,nahrungsergaenzungsmittel104.html

• NDR, Ratgeber – Nahrungsergänzung: Hochdosiert und kaum geprüft
https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/Nahrungsergaenzungsmittel-hochdosiert-und-kaum-geprueft,sendung1278174.html

• NDR, Ratgeber Gesundheit – Sinvolle Nahrungsergänzung
https://www.ndr.de/ratgeber/gesundheit/Nahrungsergaenzungsmittel-Wann-sind-sie-sinnvoll,nahrungsergaenzung6.html

• NDR, Markt: Abzocke mit Nahrungsergänzungsmitteln
https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/markt/Abofalle-Abzocke-mit-Nahrungsergaenzungsmitteln,markt15820.html

• MDR, Ratgeber Gesundheit: Nahrungsergänzungsmittel
https://www.mdr.de/ratgeber/gesundheit/nahrungsergaenzungsmittel-ernaehrung-vitamine-mineralstoffe-wirkung-tabletten-100.html

Stand: 13.04.2023 11:28 Uhr