SENDETERMIN Mi., 02.08.23 | 05:30 Uhr | Das Erste

Service: Geld vom Pfandhaus

mit Nicole Wegewitz, Insolvenzberaterin

PlayLeihhaus: Geld gegen Gold
Service: Geld vom Pfandhaus | Video verfügbar bis 02.08.2025 | Bild: WDR

Die steigenden Energie- Strom- und Lebenshaltungskosten bringen immer mehr Menschen an ihre finanzielle Belastungsgrenze. Häufig ist ein Bankkredit für die Betroffenen keine passende Alternative. Um schnell und unkompliziert an Geld zu kommen, sehen immer mehr Menschen den Gang zum Pfandleihhaus als Lösung. Einzelne verzeichnen Pfandleihbetriebe einen Zulauf an Neukunden um bis zu 30 Prozent.

Geld gegen Pfand

Wer eine Wertsache verpfändet, macht keine Schulden, sondern bekommt für das hinterlegte Pfand eine bestimmte Geldsumme und zahlt dafür Zinsen sowie Gebühren. Um bei einem Pfandleiher Geld aufzunehmen, ist weder ein Gehaltsnachweis notwendig, noch muss die eigene Zahlungsfähigkeit offengelegt werden.

Anders als bei einem Kredit erfolgt keine persönliche Haftung, da das geliehene Geld über das Pfand abgesichert ist. Diese Besonderheit führt dazu, dass der Pfandkredit grundsätzlich jedem offensteht, auch bei einem negativen Schufa-Eintrag. Kunden benötigten lediglich seinen Personalausweis, um einen Pfandvertrag im Pfandleihhaus abzuschließen.

Zinsen und Gebühren

Zinsen und Gebühren sind in der Pfandleiherverordnung gesetzlich festgeschrieben: Neben einem Zinssatz von einem Prozent monatlich ist eine Gebühr für die Schätzung, Lagerung und Versicherung der Pfandgegenstände fällig. Danach fallen bei einer Pfandsumme von 100 Euro 2,50 Euro Gebühren an. Bei 200 Euro 4,50 Euro und bei 300 Euro 6,50 Euro. Möchte ein Kunde sein Pfand im Wert von 300 Euro nach drei Monaten auslösen, dann muss er dafür inklusive Zinsen 328,50 Euro zahlen. Die Gebühren für Beträge über 300 Euro sind nicht mehr gesetzlich geregelt, sondern können mit dem Leihhaus frei verhandelt werden.

Beispiel: Leiht das Pfandhaus für eine goldene Armbanduhr 100 Euro, kostet das pro Monat 2,50 Euro Gebühren plus ein Prozent Zinsen. Das klingt erstmal recht günstig, da insgesamt ja nur 3,50 Euro im Monat anfallen. Werden die Kosten allerdings auf ein Jahr hochgerechnet, fallen schon 42 Euro für Gebühren und Zinsen an. Das entspricht einem effektiven Jahreszins von 42 Prozent.

Das kann beliehen werden

Beliehen werden kann im Grunde genommen alles, was einen Wert hat! Fahrzeuge, Maschinen, Elektrogeräte, Schmuck, teure Uhren, aber auch Porzellan oder die Modell-eisenbahn. Einzige Bedingung: Sie müssen nachweislich der Besitzer der Sachen sein. Für die Bemessung des Kredits wird zuerst der Wert ermittelt. Dabei zählt der aktuelle Marktwert, nicht der einstige Kaufpreis. Von diesem Wert lassen sich maximal 80 Prozent beleihen. Der Kunde erhält dann einen Pfandschein und die Kreditsumme bar ausbezahlt. Der durchschnittliche Kredit in einem Pfandhaus beträgt 250 Euro. Regelmäßig werden aber auch Beträge in fünfstelliger Höhe ausgezahlt.

Wird ein Auto beliehen ist das Pfandleihhaus gesetzlich dazu verpflichtet, das Fahrzeug sicher zu verwahren. Mittlerweile bieten einige Unternehmen die Möglichkeit ein KFZ zu beleihen und weiterzufahren. Dabei handelt es sich allerdings nicht um ein klassisches Pfandgeschäft, sondern um einen Kaufvertrag mit Rücktrittsrecht. Der Besitzer verliert damit das Eigentum am Fahrzeug. Diese sogenannte "Weiterfahroption“ bringt für den Kunden mehr Nachteile als Vorteile.

Wenn ein Pfand nicht ausgelöst wird

Der Pfandkreditvertrag läuft drei Monate. Der Gesetzgeber erlaubt eine Überziehung dieser Frist um vier Wochen. Danach muss die Kreditsumme zuzüglich Zinsen und Gebühren zurückgezahlt und der Pfandgegenstand ausgelöst werden. Es sei denn, der Pfandleiher räumt von sich aus eine Vertragsverlängerung ein. Nach Zahlung der Zinsen und Gebühren kann der Pfandschein dann verlängert werden.

Wird ein Pfand nicht ausgelöst muss es nach der Pfandleiherverordnung versteigert werden. Die Versteigerung darf dabei nur durch einen Gerichtsvollzieher oder öffentlich bestellten und vereidigten Versteigerer durchgeführt werden. Falls dabei eine höhere Summe als der Darlehensbetrag sowie die aufgelaufenen Zinsen, Gebühren und anteiligen Versteigerungskosten herausspringt, steht dieser Mehrerlös nicht dem Pfandleiher zu, sondern dem ursprünglichen Besitzer. Holt der sich dieses Geld nicht innerhalb von drei Jahren ab, geht es an den Staat.

TIPP: Für Gelegenheitskäufer und Liebhaber wertvoller Uhren, Luxusartikeln oder alter Schmuckstücke bieten Versteigerungen von Pfandhäusern eine gute Möglichkeit ein Schnäppchen zu machen. Termine finden sich im Internet auf den Webseiten der Pfandkreditbetriebe.

Wie finde ich einen Pfandkreditbetrieb?

Eine Liste mit guten Pfandkreditbetrieben findet sich auf der Homepage des Zentralverbandes des Deutschen Pfandkreditgewerbes (www.pfandkredit.org/mitglieder). Dem bereits im Jahre 1950 gegründeten Verband gehören etwa 150 Pfandleiher an, die 250 Geschäftsbetriebe im gesamten Bundesgebiet unterhalten.

Hilfe bei finanziellen Problemen

Wachsen Ihnen die finanziellen Probleme über den Kopf, sollten Sie sich an eine Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatung wenden. Anerkannte geeignete Stellen nach § 305 Insolvenzordnung (InsO) finden Sie im Internet. Die Schuldnerberatung hilft in der Regel Einzelpersonen oder Familien (nicht Firmen), die Geldprobleme haben oder überschuldet sind. Für Bezieher von Bürgergeld und Grundsicherung ist die Beratung kostenlos. 

Weitere Informationen

• MDR. Bristant, Geld von der Pfandleihe – so funktioniert's!
https://www.mdr.de/brisant/ratgeber/pfandleihhaus-112.html

• MOMA-Reporter: Letzter Ausweg Pfandhaus
https://www.daserste.de/information/politik-weltgeschehen/morgenmagazin/reportagen/moma-reporter-letzter-ausweg-pfandhaus-100.html

• Verbraucherzentrale, Schuldnerberatungen: Unseriöse Angebote erkennen
https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/geld-versicherungen/kredit-schulden-insolvenz/schuldnerberatungen-so-erkennen-sie-unserioese-angebote-10475

Stand: 02.08.2023 08:38 Uhr